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Friedrich von Gentz, wie Golo Mann ihn sah

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Wenn ein Biograph sich in der Persönlichkeit, über die er schreibt, erkennt... oder seine eigenen Lebensumstände in deren Zeit... wenn einer in Umständen lebt, welche die Person aufwühlen, in solcher Lage über einen schreibt, der auch erlebt hat, wie rund um ihn alles zusammenbrach... und wenn dieser Biograph außerdem noch sein Metier beherrscht und schreiben kann, dann sind die Entstehungsbedingungen einer großen Biographie gegeben, eines dieser historischen Bücher, die man auch noch nach 50 Jahren lesen kann.

In Kalifornien, als Emigrant, schrieb Golo Mann zwischen 1936 und 1941, also in der Zeit des größten europäischen Elends, seine Biographie des Friedrich von Gentz. Des österreichischen Staatsmannes, der sich vom weltoffenen, zukunftsorientierten, brillanten jungen Mann zum verbitterten Reaktionär wandelte und von der Geschichtsschreibung auf diese Rolle festgelegt und damit in seiner letzten Lebensphase mumifiziert wurde.

Für Golo Mann steht, wie könnte es in Anbetracht der oben erwähnten Umstände anders sein, der Gegner Napoleons im Vordergrund, des bis Rußland ausgreifenden Eroberers. Er braucht die Parallele zu Hitler nicht zu strapazieren, sie drängte sich damals auf und tut es noch heute. Ein Schlüsselsatz von vielen: „Seit dem Mittelalter hatten die Deutschen, als Nation, ihr Gewicht gegenüber anderen Nationen nie völlig eingesetzt. Teils, weil sie durch ihnen fremde diplomatische Künste paralysiert wurden, teils weil ihre eigenen Führer sie zu mäßigen verstanden. Das zweite, nicht das erste, wollte Gentz.”

Es schadet keinem Österreicher, Metternichs Adlatus einmal mit den Augen des deutschen Historikers zu sehen.

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