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LEBT DAVON DIE OPERETTE?

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Festlicher Abend in der Volksoper: Jarmila Novotna als Gast. Man freute sich über das Wiedersehen mit der seinerzeit so beliebten Künstlerin und war begeistert. Aber zugleich genierte man sich auch ein wenig und bedauerte die Gefeierte. Denn, was sie da zwischendurch zu sprechen hatte — und was man an diesem Abend sonst noch an Extempores zu hören bekam —, ging eindeutig über die in einem normalen Operettentext geduldeten Zweideutigkeiten hinaus. Wir müßten, um uns ganz verständlich zu machen, mindestens ein Dutzend dieser „Späße“ zitieren. Aber das ist aus Gründen des Anstandes und des guten Geschmacks an dieser Stelle nicht möglich. „Sage mir, was du von mir denkst — und ich sage dir, was du mich kannst", ist noch einer der unschuldigsten. Muß das so sein? Kann man wirklich nicht Zotiges durch Witziges ersetzen?

Vor kurzem hat sich das Volksopernorchester in einem auch in einem Mittagsblatt veröffentlichten Brief an den Unterrichtsminister gewandt, um gegen das Ueberhandnehmen der Musicals zu protestieren und seine Besorgnis darüber auszusprechen, daß sich mit dem Musical „eine erzwungene Loslösung von aus der Tradition auf gebautem, hohem Geistesgut zugunsten einer .Kunst' für die Mentalität von Halbstarken“ vollziehe. Mit diesem „Geistesgut kann aber der Text der „Madame Pompadour" nicht gemeint sein. Und über das Musical heißt es in der Beschwerde:

Wir sind der Ansicht, daß das Publikum, ohnehin vom Kino her mit amerikanischen Reißern übersättigt, keinesfalls Stücke dieses Genres auch noch auf der Bühne eines österreichischen Staatstheaters sucht, dessen Aufgabe es in erster Linie ist, Werte von sittlich höheren Normen zu vermitteln. Und wir fragen uns zum Beispiel nach dem Lesen der Gesangstexte aus „Wonderful Town" mit besonderer Besorgnis, wohin unser Weg führen wird, wenn der Dichter dieser zwangsläufig unter Schmutz und Schund einzureihenden Verse weiterhin so bestimmenden Einfluß auf das Geschick der Volksoper nehmen darf. k

Dies Argument jedenfalls — man mag über die Musicals denken wie man will — trifft ins Leere. Denn wie kindlich-harmlos und lustig sind, neben den Eindeutigkeiten der „Madame Pompadour“, die Musical-Gags. Sind die Wildwestler wirklich bessere Menschen?

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