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Servus!

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In etlichen deutschsprachigen Gebieten, besonders aber bei uns In Oesterreich, ist der — sagen wir: liebenswürdige — Irrtum verbreitet (Irrtümer verbreiten sich bekanntlich immer schneller als die Wahrheit), dal) man mit „Servus!" nur diejenigen begrüben dürfe, mit denen man per du ist. So gut wie allgemein begrüfjen sich Brüder, Schwestern, Freunde, Freundinnen usw. mit dem Wörtchen „Servusl". Selbst dem Hunde, der uns schweifwedelnd grüfjt, danken wir mit einem tätschelnden „Servus, alter Knochenzuzzler!” Wohl keine dreimal in meinem Leben — und ich bin lange nicht mehr der Jüngste — bin ich von jemandem, mit dem ich nicht per du war, mit „Servus!" gegrüßt worden. Und ich selbst habe nur e i n mal einen Menschen, mit dem ich nicht auf dem Duzfuß gestanden habe, mit „Servus!" angeredet. Seither tat und tue ich das lieber nicht wieder. Die also von mir begrüßte Person ist nämlich ob meiner „unberechtigt vertraulichen" Anrede — beleidigt gewesen. Obwohl diese Person ein recht gebildeter (oder mehr e i n gebildeter?) Herr gewesen ist, der eigentlich hätte wissen müssen, daß man — sprachlich richtig — mit „Servus!" gerade nur denjenigen ansprechen kann, dem man seine „Servilität" — also seine Untertänigkeit — ausdrücken will. Bedeutet „Servus!" doch nichts anderes als „Diener!" — „Ihr ergebener, Ihr gehorsamer Diener!" Das Fremd-Eigenschaftswort „servil" geht in seinem Sinngehalt ja noch weiter als das Fremd-Eigenschaftswort „devot"; denn dieses bedeutet immerhin nur „ergeben" (ursprünglich: „in Gott ergeben" bzw. „gottergeben"), jenes hingegen bedeutet nichts anderes als „knechtisch", ja „kriecherisch" oder gar „speichelleckerisch"…

Allen, die es nicht gewußt haben, und allen, die es nicht mehr gewußt oder es nicht bedacht haben, sei es denn ins wache Bewußtsein gerückt, daß z. B. ein Angestellter seinen obersten Vorgesetzten vernünftigerweise sehr wohl mit „Servus, Herr Chef!", „Servus, Herr Hofrafl" begrüßen darf (oder doch dürfen müßte) (freilich mit etwas „servilerer" Betonung des „bedenklichen" Wörfleins „Servus!"), und daß es anderseits recht unvernünftig ist, wenn ein Vater seinen dreijährigen Buben mit „Servus, Hansi!" begrüßt.

Diese Notiz wird an den alltäglichen Gepflogenheiten freilich kaum etwas zu ändern vermögen. Sei's drum! Wir leben nun einmal in einer „verkehrten Welt. Und diese Verkehrung ist sicherlich eine von den harmlosesten…

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