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Wird Bargeld unmodern?

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Neues Statussymbol: Statt dicker Brieftasche — elegante Plastikkarte. Statt Barzahlen — unterschreiben. Die bargeldlose Gesellschaft

KfiMWartSn eSp’är3fi de¥i Ifihfebdrif’üu diifiem großen Tdil’1däs’- Eafffield,’ ob im .Ladengeschäft eingekauft, tl( eine Flugreise gebucht oder im Restaurant gegessen wird, man braucht nur zu unterschreiben — sofern man eine Kreditkarte vorweisen kann. Die Rechnung für alle Ausgaben kommt einmal im Monat mit der Post. Unterschreiben statt bar zu bezahlen ist nicht nur elegant, sondern auch angenehm. Das erkennt man nun auch in Europa in vermehrtem Maß. Kreditkarten kommen aus den USA. Dort werden allein bei den drei größten Kreditkartenorganisationen jährlich Ausgaben von Karteninhabern in der Höhe von 50 Milliarden Schilling verrechnet. Neben den Großen Drei, Diners Club, American Express und Carte Blanche, gibt es noch hunderte kleinere und kleinste Kredtikartenfirmen. Amerikaner zeigen oft stolz ihre ziehharmonikaartige Brieftasche mit einem guten Dutzend Kreditkarten. Barzahlen ist in den Staaten schon fast verdächtig. Man sagt dann, der Mann sei nicht kreditwürdig.

Man sollte meinen, der Europäer stehe der Kreditkarte zurückhaltend gegenüber, „er zahlt lieber bar“. — So war es noch vor einigen Jahren. Von den etwa zwei Millionen „Diners-Mitgliedern“ sind 200.000 Europäer. In 40.000 europäischen Unternehmen gilt ihre Unterschrift wie Bargeld. Die Aufgeschlossenheit der Geschäftsleute gegenüber Kreditkarten beweist die Zahl von 60.000 Geschäften und Dienstleistungsbetrieben in Europa, die Kreditkarten willkommen heißen. Alle bekannten Fluglinien honorieren die Kreditkarten der Großen Drei, und selbst den Oststaaten ist die Kreditkarte als Devisenbringer nicht zu kapitalistisch. Als General de Gaulle mitten in der Reisezeit Devisenrestriktionen für die Auslandsreisen der Franzosen verfügte, wurde bei Diners und Amexco in Paris Schlange gestanden. Die Beschränkung galt nämlich nicht für Kreditkarten.

Banken protegieren Kreditkarten

Durch die Tatsache, daß sich In mehreren europäischen Ländern Banken mit Kreditkartenorganisationen arrangieren, wird die Verbreitung der Kreditkarte noch stärker gefördert. Westminster und Barclays in London, Banco di Lavoro und Banco di Napoli in Italien, Schweizer Bankverein und Schweizer Kreditanstalt empfehlen eine der beiden internationalen Kreditkarten. Für den Karteninhaber, der rasch in ein anderes Land muß, schafft die Kreditkarte eine Menge Erleichterungen. Abgesehen von einem kleinen Betrag für Trinkgelder und Taxi braucht er nichts einzuwechseln. Angefangen von seiner Flugkarte, über die Leihwagen- und Hotelrechnung, bis zu einem notwendigen Einkauf oder den Erwerb eines Geschenks benützt er seine Kreditkarte. Keine Sorgen mit der Beschaffung von Reiseschecks, Valuten, keine Kursverluste, nie zuwenig oder zuviel Geld, keine verlorenen Belege. Kopien der vom Karteninhaber unterschriebenen Rechnungen kommen einmal monatlich, gesammelt, zum Tageskurs umgerechnet (ohne Aufschlag) ins Haus. Wenn es Reise- oder Repräsentationsrechnungen sind, freut sich auch die Buchhaltung über einen einzigen Beleg, statt der vielen einzelnen.

Wird die Kreditkarte Bargeld verdrängen?

‘ In den USA spricht man bereits von „cashless society’ Kreditkarten der Zukunft werden gleichzeitig Lochkarten für Computer sein. Ein touch-tone-telephone — telephonähnliches Gerät, das Kreditkarten abliest —, wird über die normale Telephonleitung mit einer Compüterzentrale verbunden sein. Automatisch wird dabei das Bankguthaben des Karteninhabers geprüft und der Rechnungsbetrag vom Bankkonto des Käufers auf das Konto des Verkäufers übertragen. Kein Groschen Bargeld wechselt den Besitzer. — Wird für die Kinder unserer Kinder „Bargeld“‘die gleiche Bedeutung haben wie für unsere Generation der „Maria-There- sien-Taler“?

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