Alter, kranker Mann

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Robert Guédiguians unaufgeregte Annäherung an François Mitterrand.

Der französische Regisseur Robert Guédiguian erhebt normalerweise die Marginalisierten unserer Gesellschaft zu seinen Protagonisten. In vielen seiner Filme porträtierte er die kleinen Leute seiner Heimatstadt Marseille, um so Fragen der Gerechtigkeit in Zeiten der Globalisierung zu formulieren. Mit "Der späte Mitterrand" - lose angelehnt an das Buch "Le dernier Mitterrand" von Georges-Marc Benamou - richtet er nun zwar seinen Blick auf einen, der 14 Jahre lang an den Schalthebeln der Macht saß, thematisch geht es aber auch hier um die Zukunft linker Utopien. Der junge Journalist Antoine Moreau arbeitet an einer Biographie über François Mitterrand, dessen Amtszeit sich zu Ende neigt und der schon schwer von seinem Kampf gegen Krebs gezeichnet ist. In langen Gesprächen versucht er noch einigen ungeklärten Fragen auf die Spur zu kommen: die Kollaboration des jungen Mitterrand mit dem Vichy-Regime, sein Wissen um Juden-Deportationen oder seine spät entdeckte Liebe für die Sozialistische Partei. Beleidigt verweigert der Präsident die Antwort und parliert lieber über die Vorzüge der Frauen aus Nordfrankreich. Mehr als eine Klärung der offenen Punkte herbeiführen zu wollen, zeigt der Film die Orientierungslosigkeit der Linken am Ende der Ära Mitterrand. Es geht aber auch um das Ringen eines alten Mannes mit seiner Vergangenheit. Guédiguian, der bekennende Kommunist, ist aber nicht an einer Abrechnung interessiert, sondern erzählt seinen Film unaufgeregt. "Mir ist der Mitterrand aus einem historischen Blickwinkel betrachtet lieber, als der Mitterrand von einem politischen Standpunkt aus, den ich damals erlebte und der meiner Meinung nach viele Fehler beging", meint er in einem Interview. Allein die Wandlung von Michel Bouquet zum Präsidenten - samt seinem Charisma, seinem Scharfsinn, aber auch seiner Arroganz - ist das Kinoticket wert. Allerdings bleibt der tiefere Zugang des Films nur Kennern der jüngeren Zeitgeschichte Frankreichs vorbehalten, da Guédiguian sich meist mit Andeutungen begnügt.

DER SPÄTE MITTERRAND

Le promeneur du Champ de Mars

F 2004. Regie: Robert Guédiguian. Mit Michel Bouquet, Jalil Lespert, Anne

Cantineau. Verleih: Filmladen. 117 Min.

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