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"Ich wollte weg aus Neapel, aber dann hab ich mich doch entschieden, hier zu bleiben, hinzusehen, den Dingen auf den Grund zu gehen", erklärt der italienische Journalist und Schriftsteller Roberto Saviano die Motivation für seinen im letzten Jahr zum Bestseller avancierten Reportageroman Gomorra. Doch der Preis, den Saviano für seinen literarischen Erfolg zahlen muss, ist hoch: Der 28-Jährige wurde zum italienischen Salman Rushdie, erhielt Morddrohungen, lebt mittlerweile nach Interventionen des Schriftstellers Umberto Eco und Staatspräsidenten Giorgio Napolitano völlig abgeschirmt unter ständigem Polizeischutz; sogar der E-Mail-Kontakt mit seinem Verlag - der an den Übersetzungen des Romans aus dem Italienischen arbeitet - soll eingestellt sein.

Polizeischutz, versteckt …

Saviano beschreibt in seinem Buch die Geschäftspraktiken der Camorra so detailliert, wie es bislang niemand geschafft und gewagt hat - und vor allem: er nennt Namen. Um die Geschäftspraktiken der Camorra zu ergründen, hat Saviano als Kellner bei einer Camorra-Hochzeit oder als Arbeiter bei einem Camorra-Unternehmer recherchiert. Savianos Fazit lautet: Abgesehen vom Blutzoll unterscheidet sich die Camorra nicht von anderen Unternehmen. Und sie ist kein lokales, sondern ein italienisches, ja internationales Problem: Müllimporte werden beispielsweise aus dem ganzen Land von der Camorra nach Kampanien gebracht und dort illegal entsorgt. Und die Wege der Geldwäsche und des Drogenhandels machen vor regionalen und nationalen Grenzen nicht halt.

"Das Buch von Roberto Saviano ist deshalb so wichtig", sagt Franco Roberti, der Chef des Anticamorra-Pools in Neapel, "weil hier zum ersten Mal in literarisch wertvoller, geradezu schöner Weise über die Camorra und Neapel geschrieben wird. Deshalb wissen auch die, die sich bislang nicht für die Gefährlichkeit der Camorra interessiert haben, jetzt Bescheid." Saviano hingegen kann sich über seinen Bestseller nicht wirklich freuen: "Ich würde Gomorra nicht mehr schreiben", meldet er sich aus seinem Versteck: "Neapel ist der Spiegel einer Gesellschaft ohne Regeln und Werte, eine Stadt ohne Hoffnung." WM

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