Horrortrip nach Neverland

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Wir sehen einen gefallenen Popstar, wie er auf Bäume klettert. Wie er voll Schüchternheit gesteht: "Im Herzen bin ich Peter Pan." Wie er beinahe in Tränen ausbricht, als er von den Schlägen seines Vaters erzählt. Michael Jackson, einst ein Jahrhundertstar, ein Idol, ein Musikgott, "King of Pop". Am Samstag zeigte auch der ORF die "Weltsensations"-Dokumentation "Michael Jackson Hautnah" des Briten Martin Bashir: Ein verschreckter, gedemütigter, zerbrechlicher Kindskopf, der mit seinen 44 Jahren wirkt, als wäre er - dem ewigen Kind zum Trotz - viel zu schnell gealtert. Das Popgeschäft vergisst gerne seine Helden, und auch Michael Jackson weiß das. Seine größten Erfolge liegen in den Untiefen der achtziger Jahre, was danach kam, war zunächst musikalische Reproduktion der eigenen Hits - und zuletzt bloß noch seelenloses Klimbim.

Aber genug davon: Michael Jackson ist kein negativer Mensch. Michael Jackson, das wissen wir jetzt, hat Werte. Kinder, Familie. Seine eigenen Kinder, wie er zugibt, nicht durch Sex entstanden, laufen an Papas Hand mit bunten, Angst einflößenden Masken durch die Einkaufszentren. "Damit man sie nicht erkennt und ihnen ein Schicksal wie mir erspart bleibt", meint Jackson. Und meint damit: Fotografen, Presse, Skandale.

Der greise Star ("Ich habe keine Operationen machen lassen") hat sich in seine Traumwelt, den Vergnügungspark Neverland, zurückgezogen und frönt dort seiner wahren Leidenschaft: Kindern. Er schläft mit ihnen im gleichen Bett, aber "es gibt nichts Sexuelles", wie er klarstellt: "Nur Liebe. Alle Menschen sollten sich das zu Herzen nehmen."

Jackson, ein Kinderschänder? Wohl kaum. Eher jemand, der die Spanne zwischen dem Kindsein und dem Greisenalter ohne Erwachsenwerden übersprang. Ein müde gewordenes Genie hat seinen Verfall dokumentieren lassen. Keine Weltsensation, vielmehr ein Horrortrip nach Neverland.

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