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Der ORF-Radiosender FM4 versucht, mit seiner Sommer-Seifenoper "Junk" die Befindlichkeit seiner Zielgruppe einzufangen.

Es ist ein außergewöhnliches Sommerprojekt, dass sich die Macher beim alternativen ORF-Jugendradio FM4 ausgedacht haben: Ein Hörspiel in acht Teilen, das den Titel Junk - Das Leben eine Seifenoper trägt. Ab 12. Juli läuft die Serie wöchentlich zur besten Fernseh-Sendezeit, um 20 Uhr 15. Am Tag nach der Sendung gibt es die jeweilige Folge auch als Podcast unter http://fm4.orf.at zum Download.

Wer bei Junk eine Daily Soap in der Machart der TV-Vorbilder erwartet, wird allerdings enttäuscht sein. Denn obwohl sich die Soap den alltäglichen (Beziehungs-) Problemen dreier Freunde annimmt, ist von Herz-Schmerz und verkitschten Szenen nichts zu merken. TV-Klischees wurden von Beginn an exkludiert, dafür setzt die Soap auf Authentizität. Senderchefin Monika Eigensperger: "Wir sind bekannt dafür, mit allen Arten des Mediums Radio lustvoll zu experimentieren". Die Furche hatte Gelegenheit, die erste Folge von Junk vorab zu hören; Das Genre des Hörspiels wurde zwar nicht neu erfunden, inhaltlich jedoch reflektiert die Soap ziemlich treffend die heutige Generation junger Menschen in Wien.

Die Fetzen fliegen

Die Geschichte dreht sich um den eher chaotischen Grafiker Felix, dessen Ex-Freundin, die in einem Coffeeshop jobbende Nina, noch immer gemeinsam mit ihm in einer Wohnung am Wiener Bennoplatz lebt. Doch die endgültige Trennung steht an und gleich in der ersten Folge fliegen - auf gut wienerisch gesagt - "die Fetzen". Nachbar Georg, der beste Freund von Felix und ein mäßig erfolgreicher Spitzensportler, erweist sich als Retter in der Not: Er versucht, den Streit des ehemaligen Liebespaares zu schlichten. Ergänzt wird der Personenkreis durch eine eifersüchtige Schwester, eine lesbische Politiker-Mutter und den in Soaps schon obligaten Chef einer Werbeagentur.

Urbane Feelings

Junk spielt sich zwischen Single-Dasein, Job-Frust und dem Sich-gehen-lassen in den Nachtclubs ab, wartet aber mit keinen sonderlich spektakulären Geschichten auf, sondern versucht, die Befindlichkeit der FM4-Zielgruppe wiederzugeben. Zu dieser Zielgruppe zählen laut Selbstdefinition junge, urbane, weltoffene Menschen. "Wobei es nicht unbedingt um junge Stadtmenschen geht. Urban kann auch eine Lebenseinstellung sein und ist nicht örtlich gebunden", sagt Jenny Blochberger, Pressesprecherin bei FM4.

Markant ist die Charakterisierung dieser Jugend durch ihre Sprache: Sie spricht ein Österreichisch, das es bei der älteren Generation nicht gibt. Da wird der urige Wiener Dialekt zum eher säuberlich gesprochenen Dialogsatz, ohne jedoch auf eine dezente lokale Färbung der Sprache zu verzichten. Eine Balance, die der Soap gut tut: Diese Authentizität der Sprecher charakterisiert das Milieu der jungen Leute perfekt. Die Sprachfärbung pendelt irgendwo zwischen intellektuellem Modernismus und traditionellem Dialekt - die Sprache der Jungen eben, allerdings abseits von trendigen Ausdrücken und nervenden Anglizismen.

Eine Form der Authentizität, die wohl nur im Radiohörspiel möglich scheint, wo den Protagonisten einzig die Stimme bleibt, um Stimmungen und Gefühle auszudrücken. Im Fernsehen, wo standardisiertes "Filmdeutsch" vorherrscht, hat man eine solche authentische Sprache jedenfalls schon seit Jahren nicht mehr gehört.

Ersonnen hat die "Soap" ein Altbekannter der Branche: Mischa Zickler, der einst die Fäden bei den vergleichsweise niveaulosen ORF-Prestige-Shows Taxi Orange und Starmania zog, schrieb die Bücher und führte bei der Hörspiel-Soap auch Regie, als Sprecher fungieren unter anderem Simon Jaritz, Katharina Eichberger und Michael Ostrowski, den man auch aus der experimentellen Truppe des Grazer "Theaters am Bahnhof" kennt. Produziert wurden acht Folgen à 45 Minuten, eine Fortsetzung ist aber nicht geplant.

Platz zum Experimentieren

Einer Renaissance des Hörspiels will man bei FM4 durch Junk - Das Leben eine Seifenoper nicht den Weg geebnet haben. "Es wäre überheblich, darin eine Wiederbelebung des Hörspiel-Genres zu sehen", meint Jenny Blochberger. "Die Sendung ist, wie so vieles, was wir hier bei FM4 über den Äther schicken, einfach nur ein Experiment". Gut, dass es diesen (raren) Platz für Experimente noch gibt.

Mehr Infos: fm4.orf.at

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