Michael Glawoggers zweiter Spielfilm "Slumming" wandelt auf den Spuren eines Straßenpoeten.
Michael Glawogger ist mittlerweile sowohl im Dokumentarfilm als auch im Spielfilm daheim. Mit Dokus wie Workingman's Death oder Megacities gelangen ihm umjubelte Zeitdokumente, seine Spielfilme Nacktschnecken und Slumming spalten aber die Gemüter. So feinfühlig, durchdacht und brisant seine Dokumentarfilme sind, so spröde, provokativ und ordinär scheinen seine fiktiven Arbeiten. Nacktschnecken beobachtete eine Studentengruppe beim Drehen eines Pornos, Slumming folgt einem versoffenen Straßenpoeten. In beiden Fällen erzählt Glawogger absurde Geschichten und bedient sich der derben Sprache der Straße, zumindest in Slumming blickt er darüber hinaus auch auf die Ränder der Gesellschaft. Glawogger erzählt von dem obdachlosen Straßenpoeten Kallmann (Paulus Manker) und von zwei Studenten (August Diehl, Michael Ostrowski), die sich gerne auf Kosten anderer derbe Scherze erlauben. Die Wege des betrunkenen Straßenpoeten und der Burschen kreuzen sich bald: Die beiden finden Kallmann vollständig betrunken auf einer Parkbank - und verfrachten ihn im Kofferraum ihres Autos kurzerhand über die tschechische Grenze nach Znajm. Dort erwacht der Ahnungslose am nächsten Morgen - und erkennt seine Welt nicht mehr.
Glawoggers Spielfilme sind Ausdruck einer Sinnsuche, Abbilder einer Welt, in der das Individuum letztlich unter dem Druck der Gesellschaft nachgibt. Leider geht diese Botschaft im Fall von Slumming ins Leere, weil die starke Ich-Bezogenheit des Hauptdarstellers alle feinen Nuancen der Geschichte zudeckt: Man könnte sich niemand Passenderen für die Rolle vorstellen als Paulus Manker, und doch ist es seine Über-Präsenz, die Slumming zum Nachteil gereicht.Matthias Greuling
SLUMMING
Ö/Schweiz 2006. Regie: Michael Glawogger. Mit Paulus Manker, August Diehl, Pia Hierzegger, Michael Ostrowski, Maria Bill. Verleih: Filmladen, 100 Min.
