Wer zahlt für Qualität?

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"arte", eine europäische Kulturinstitution, kämpft um Geld und Unabhängigkeit

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"arte", eine europäische Kulturinstitution, kämpft um Geld und Unabhängigkeit

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nmitten der von Werbesendungen zerfurchten Programmlandschaft überkommerzialisierter TV-Sender sind sie die willkommenen Ausnahmen: jene Sender, die in ihrem Programm auf Kultur und gesellschaftliche Entwicklungen, auf Spezialinteressen und künstlerische Vielfalt setzen. Das sind im deutschen Sprachraum nicht viele: da sind 3sat, eine Partnerschaft aus ZDF, ARD, ORF und SRG und der deutsch-französische Kulturkanal arte mit Sitz in Straßburg, der zu gleichen Teilen von ZDF und ARD auf der deutschen und von LaSept/arte auf der französischen Seite betrieben wird.

Das aufwendige Programm, zusammengesetzt aus erstklassigen Spielfilmen, Dokumentationen und Reportagen, kostet allerdings nicht wenig. Geld, das sich immer schwerer aufbringen läßt, wie auch arte Programmdirektor Hans Robert Eisenhauer bestätigt: "Das Problem ist, daß die Lizenzen für Spielfilme immer teurer werden. Auch eigenproduziertes Programm, das bei uns einen Anteil von 25 Prozent hat, ist aufwendig".

Dabei ist arte seit Jahren vor allem für seine Themenabende bekannt, die sich bewußt auf europäische Aspekte fokussieren. "arte ist ein europäischer Sender, der kulturell akzentuiert ist. Im zusammenwachsenden Europa ist diese Perspektive stark ausgeprägt. Wir bieten Qualität und geben Identität", so Eisenhauer. Ähnlich hoch schätzt auch der Wiener Kommunikationswissenschafter Wolfgang Langenbucher die Bedeutung des Senders ein: "Das länderübergreifende Konzept von arte ist ein Schritt hin zur notwendigen Kommunikationsunion Europa. arte ist eine Art Labor, um diese Union zu institutionalisieren".

Doch die Lobeshymnen können über den maroden Zustand mancher Programme nicht hinwegtäuschen. So ist die Themenabendreihe "Millennium" gerade noch finanzierbar. Bis zum Oktober 2000 wird diese Reihe verstreut ausgestrahlt, die letzten beiden Themenabende kommen vom Expo-Gelände in Hannover. Die Kosten für die Reihe betragen rund 35 Millionen Schilling. "Im Schnitt kostet ein Themenabend zwischen drei und vier Millionen Schilling", verrät Eisenhauer.

Nicht nur Geldsorgen machen dem Sender zu schaffen. Die geplante Eingliederung von arte in eine französische Holding des öffentlichen Rundfunks und ein damit verbundener Verlust der Unabhängigkeit konnte kürzlich gerade noch verhindert werden.

"Der französische Teilhaber von arte, LaSept, hat in seinem Vorstand Mitglieder der Regierung sitzen, was die Unabhängigkeit gefährdet. In einem Konglomerat aus den öffentlich-rechtlichen Sendern Frankreichs wäre arte Kleinstpartner gewesen und die hier stark vorhandene politische Kontrolle hätte an den Grundlagen unseres Selbstverständnisses gerüttelt", meint Eisenhauer. Tatsächlich haben zwei Gutachten festgestellt, daß die von der zuständigen französischen Ministerin Catherine Trautmann favorisierte Eingliederung der arte-Satzung widerspricht. Da ist nämlich von einer vom Staat unabhängigen europäischen Institution die Rede.

Derzeit haben sowohl die deutschen als auch die französischen Teilhaber das gleiche Recht, Programmvorschläge, geregelt nach einer Quote, zu unterbreiten. "Und so soll es auch bleiben", fordert Eisenhauer. Vorerst scheint die Finanzierung und die Autonomie von arte gesichert.

Über die europaweite Bedeutung des Kultursenders ist man sich einig: "Unser Publikum will Anspruchsvolles sehen. Wir sind also kein Nischenprogramm. Außerdem engagieren wir uns in Spielfilm- und TV-Projekten, die ohne unsere Unterstützung nicht zustande kämen", meint Eisenhauer. "Es wäre verhängnisvoll, auf Sender wie arte verzichten zu müssen", bekräftigt Langenbucher. "Hier kommt nämlich der öffentlich-rechtliche Grundgedanke jenseits von einfältigem Kommerzdenken in seiner elitären Reinheit zum Ausdruck". Bleibt zu hoffen, daß die Geldgeber das genauso sehen.

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