Seit kurzem ist "arte" hierzulande schon ab 14 Uhr im Netz. Der Kulturkanal will künftig "näher am Zuschauer" sein und mit dem ORF noch mehr kooperieren.
Die in der heimischen Medienszene kursierenden Gerüchte, wonach der ORF die Kooperation mit arte einstellen würde, haben sich einstweilen als haltlos erwiesen. Bei einer groß aufgezogenen Pressekonferenz in einem Luxushotel freute sich ORF-Programmdirektor Reinhard Scolik vorige Woche über die Chance, "österreichische Sendungen und im Speziellen Kulturprogramme dem europäischen Publikum präsentieren zu können". arte sei ein "wichtiger Animateur für die österreichische Kulturszene", assistierte der Leiter der Hauptabteilung Planung und Koordination im ORF, Wolfgang Lorenz.
Die Bekräftigung der weiteren Zusammenarbeit kommt just zu dem Zeitpunkt, wo arte für viele österreichische Haushalte länger zu empfangen ist. Seit Dezember des Vorjahres sendet der deutsch-französische, europäisch und öffentlich-rechtlich ausgerichtete Kultursender nicht mehr von 19 Uhr, sondern von 14 Uhr an, das bedeutet fünf Stunden länger. Während etwa in Deutschland für die meisten Seher arte nach wie vor erst ab 19 Uhr zu empfangen ist, können seit Jahresbeginn 1,7 von 2,6 Millionen österreichischer Kabel- und Satellitenhaushalte arte nun schon am Nachmittag empfangen.
Leichterer Zugang zu "arte"
Seit Jahresbeginn hat arte auch einen neuen Präsidenten: den Franzosen Jérôme Clément, der dieses Amt schon von 1991 bis 1998 innehatte. Clément trat mit dem Vorhaben an, das arte-Programm zu "erneuern", "leichter zugänglich" zu machen und ein jüngeres Publikum anzusprechen. "Gute Einschaltquoten sind mit unserer kulturellen Mission vereinbar", lautet sein Motto.
In Frankreich beträgt der Marktanteil von arte zufriedenstellende 3,2 Prozent, während er in Deutschland um ein Prozent herumdümpelt. "Näher am Zuschauer sein und mehr menschliche Wärme ausstrahlen", umschrieb er die geplanten Neuerungen vorige Woche in einem Presse-Interview.
Eni jetzt im Kultursender
Wie diese Wärme aussehen könnte, die bald den Zuschauer eng umschmeicheln soll, lässt das in Wien extra vorgestellte neue Frauenmagazin Lola erahnen, das sich an "selbstbewusste, natürliche, rebellische, starke, neugierige, sinnliche" Frauen richtet und das abwechselnd von der französischen Sängerin und Schauspielerin Lio sowie der charmanten Ex-viva- und Ex-Bravo-TV-Moderatorin Enie van de Meiklokjes moderiert wird. In einem der vorab präsentierten Beiträge wurde eine Französin porträtiert, die gleichsam in den fünfziger Jahren lebt. Im Laufe des Beitrages stellte sich jedoch unwillkürlich der Verdacht ein, Petticoat, Rock'n'Roll und ein halbes Dutzend Kinder könnten möglicherweise weniger ihr Traum, als der ihres Mannes sein. Angesprochen wurde diese Möglichkeit mit keinem Wort. Man muss kein Feminist sein, um von einem Frauenmagazin zumindest ein wenig kritische Hinterfragung zu erwarten.
Die geplanten Koproduktionen von ORF und arte für 2003 haben einen Religionsschwerpunkt. Dem Thema "Christliche Orthodoxie" wird ein eigener Themenabend gewidmet. Elemente dieser mehrstündigen Leiste sind eine Dokumentation über den Patriarchen von Konstantinopel Bartolomaios I., eine Dokumentation über die Rolle der serbisch-orthodoxen Kirche während der Jugoslawien-Kriege und eine Dokumentation über griechische Ikonen, ausgestrahlt wird der Abend in der Karwoche, sowohl von ORF (15. April) als auch arte (17. April).
Ein Aufreger könnte "Jesus, du weißt", der neueste Filessay von Ulrich Seidl werden, in dem der umstrittene Filmemacher ("Hundstage") aufzeigen will, "welchen Stellenwert Jesus heute hat und wie es in den Köpfen und Herzen gläubiger Menschen in Österreich aussieht" (Pressetext). Weiter Koproduktionen sind Maximilian Schells dokumentarischer Kinofilm "Meine Schwester Maria", die dritte Folge der "Polt"-Krimireihe oder eine Dokumentation über Katharina die Große.
Für ORF keine Konkurrenz
Für Wolfgang Lorenz ist die Kooperation mit arte keine Konkurrenz für die geplante europaweite Ausstrahlung von ORF 2. Lorenz ist ja Leiter der Arbeitsgruppe, die darüber berät, wie ORF 2 "so pur wie möglich" ohne exorbitante Kosten - für viele Filme, Serien oder Sportübertragungen besitzt der ORF nur die Rechte zur Ausstrahlung in Österreich - via Satellit nach Europa exportiert werden kann. Ein rein österreichisches Programm und einzelne Beiträge aus Österreich - wie eben auf arte oder auch auf 3sat - seien zwei "verschiedene Paar Schuhe", betont Lorenz.