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Mit dem diesjährigen Nationalfeiertag begann beim ORF die Ära des Sparten-TV: "ORF III - Kultur und Information“ sowie "ORF Sport +“ sind nun endgültig gestartet.

In anderen Ländern ist das, was am Mittwoch in Österreich begann, längst Realität. Die großen TV-Sender unterhalten nebenher noch zahlreiche Spartenkanäle, auf denen man spezielle Interessen der Zuschauer bedient. Die italienische RAI macht das mit RAI News oder RAI Sport, das ZDF mit seinem Ableger ZDF Neo ebenso. Nun ist auch der ORF auf den Geschmack der breiten TV-Palette gekommen und will mit seinen Spartenkanälen ORF III (auf dem bisherigen Sendeplatz von TW1) und ORF Sport + (auf einer neuen Satellitenfrequenz) Akzente in Österreichs TV-Landschaft setzen. "Wir entwickeln die ORF-Senderfamilie in den Bereichen Sport, Kultur und Information weiter und bauen unser Programmangebot damit in öffentlich-rechtlichen Kernbereichen nachhaltig aus“, findet ORF-General Alexander Wrabetz.

Für nur 8500 Euro pro Tag

ORF III wird den Namenszusatz "Kultur und Information“ tragen. Mit einem 18-köpfigen Team will ORF III-Chef Peter Schöber mit jährlich 3,2 Millionen Euro Budget viele Synergie-Effekte mit ORF 2 nutzen, aber insgesamt auch 18 Eigenproduktionen aus dem Boden stampfen. "Das Budget ist ambitioniert“, formuliert es Schöber. "Das sind 8500 Euro pro Tag.“ Eine verschwindend geringe Summe für einen TV-Sender. Weshalb man sparen muss: "Wir suchen daher innovative Programmansätze“. Der "Kulturmontag“ von ORF 2 wird jeden Dienstag bei ORF III im Hauptabend wiederholt, ebenso die Reihe kreuz & quer (jeden Mittwoch zur Prime Time). Die ORF-Diktion nennt das "intelligente Mehrfachverwertung von hochwertigem Content in anderen Sendezonen“. Immerhin gönnt man sich mit "Kultur heute“ ein tägliches, eigens produziertes Kulturformat um 20 Uhr, moderiert von Ani Gülgün-Mayr und Peter Fässlacher.

Das Programm von ORF III wird in Thementage unterteilt: Montag ist Doku-Tag, Dienstag steht für Kunst und Kultur, Mittwoch für Religion und Wissenschaft, Donnerstag für Europa, den Freitag ruft man zum Österreich-Tag aus. Am Samstag steht Zeitgeschichte am Plan. Sonntags reicht man Opern, Theater und Konzerte nach.

"Unverzichtbares“ Sportangebot

Auch der österreichische Film, bislang im ORF 2-Nachtprogramm, erhält Prime-Time-Spielzeit, vorwiegend freitags. Zu den Eigenkreationen gehören die Büchersendung "erLesen“ mit Heinz Sichrovsky, das Kulturgespräch "KulturWerk“ mit Barbara Rett, die Museumssendung "Aus dem Rahmen“ mit Karl Hohenlohe sowie das Festivalformat "Kultur im Gespräch“.

Mit ORF Sport + will Alexander Wrabetz ein "unverzichtbares Zusatzangebot“ für Sportfans bieten. "Dabei soll auch für den Schulsport und den Behindertensport Interesse geweckt werden“, so Wrabetz. "Wir zeigen vor allem Sportarten, über die in den Medien sonst nicht breit berichtet wird“, sagt TV-Sportchef Hans-Peter Trost. Sollten Sport-Events wie die Football-WM, die Judo-WM oder auch die Faustball-WM in Österreich stattfinden, wird eingehend berichtet - denn Österreich-Bezug ist Trumpf bei ORF Sport +.

Ein dreistündiges Programm, das jeden Abend um 20.15 startet, wird mit Wiederholungen aus Vortagen und großflächigen Live-Übertragungen kombiniert - fertig ist der 24-Stunden-Sportkanal. Die Sportarten sind vielfältig: Von Kitesurfen bis Tanzen, von Wellenreiten bis Beachvolleyball, von American Football bis zu Extremsport wie dem "Race Across America“ reicht die Palette.

Sieht so aus, als wolle man Dietrich Mateschitz’ Servus TV mit den beiden Spartenkanälen Konkurrenz machen. Dieser hat mit einem gefälligen Mix aus Kultur, Brauchtum und (Red-Bull-gesponserten) Sportevents bisher den (kleinen) Markt besetzt, den der ORF nun zurück haben will.

Von Servus TV war bis Redaktionsschluss niemand für eine Stellungnahme zu den ORF-Kanälen erreichbar. Peter Schöber von ORF III sagt aber: "Es kann nie genug Kultur im TV geben“.

ORF III startet mit Auflagen, die ihm verbieten, sein Programm auf anderen ORF-Sendern zu bewerben. "Es macht mich nicht glücklich, dass die Cross Promotion untersagt wurde, aber damit müssen wir leben“, so Schöber. Dafür sei er Wrabetz überaus dankbar, dass ORF III am TW1-Programmplatz senden darf, der zumeist bereits am TV-Gerät eingespeichert ist. Außerdem will der Gesetzgeber, dass der Sender nicht anstatt ORF 2 zum anspruchsvollen Programm wird, sondern ergänzend.

Auslagerung in die Sparte?

"Es war nie Intention des ORF, die öffentlich-rechtliche Verantwortung in die Sparten auszulagern“, sagt Peter Schöber. "Wahr ist: Es wird interessante Verschränkungen geben. ORF III wird beispielsweise die Nestroy-Gala in voller Länge übertragen, auf ORF 2 wird es dazu im Kulturmontag eine 30-minütige Zusammenfassung geben“, so Schöber. "Eine solche Programmgestaltung ist eine Win-Win-Situation für alle“.

Doch nicht allerorts stoßen die Sender auf uneingeschränkte Zustimmung. Klaus Schweighofer, Vorstand der Styria Media Group und Vorsitzender des Verbandes österreichischer Privatsender, äußert sich skeptisch: "Wir werden sehr genau darauf achten, dass sich der ORF an die Auflagen und seinen Auftrag hält. Es kann nicht sein, dass die Spartenkanäle zum Feigenblatt des öffentlich-rechtlichen Fernsehens werden. Der ORF darf nicht weiterhin so unverschämt Privatfernsehen machen“. Schweighofer spielt damit auf die Kritik am ORF an, er mache in Ö3 und ORF eins vorwiegend Programm wie ein Privatsender und vernachlässige den öffentlich-rechtlichen Auftrag. "Es ist unsere Sorge, dass der ORF diesen Auftrag in die Spartenkanäle abschieben könnte. Denn öffentlich-rechtliche Inhalte haben dort stattzufinden, wo die Mehrheit der Seher ist, also in ORF eins und ORF 2.“

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