Die Besserung der Anstalt

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Auf dem Küniglberg fliegen die Hackeln tief. Dabei sind die aktuellen Grabenkämpfe im ORF nur das Symptom seiner Krise. Die politische Umklammerung verhindert eine nachhaltige und notwendige Reform.

Und wieder haben die journalistisch Betroffenen einen Brief geschrieben. Eine Hundertschaft ORF-Redakteure wirft dem Stiftungsrat mangelnde Unabhängigkeit vor, kritisiert die politischen "Freundeskreise" und deren Verhalten - nicht zuletzt bei der Abwahl von Informationsdirektor Elmar Oberhauser.

Und man erinnert sich: Anno 2006 markierte ein veritabler inhaltlicher Protest der ORF-Journalisten den Anfang vom Ende der Ära Monika Lindner. Damals wurde die Affinität der ORF-Spitze zu Schwarz-Blau (bzw. Schwarz-Orange) beklagt. Die politische Farbenlehre hat sich mittlerweile bekanntlich geändert. Nicht aber das - politische - Problem namens ORF.

Eigentlich ist es müßig, die Vorgänge am Küniglberg zu kommentieren - außer: Das Chaos, das die dortige Chefetage vermittelt, scheint kaum überbietbar. Man muss sich nicht einmal mehr auf eine inhaltliche Bewertung der Vorgänge einlassen, um festzustellen: So kann und darf es nicht weitergehen.

Ein inferiores Bild der ORF-Spitze

Dass ein Informationsdirektor per E-Mail bei anderen Mitarbeitern gegen seinen Vorgesetzten polemisiert; dass Letzterer dann die Abwahl des Unbotmäßigen betreibt - und selbige nicht einigermaßen im Konsens, sondern nur entlang der "Parteilinien" im Stiftungsrat durchsetzt; dass der Unternehmenskommunikator den Abgang des Universum-Teams, also eines Schmuckstücks der Anstalt, als Bagatelle abtut und nebstbei als dubioser Mitschneider von Privatgesprächen erwischt wird ? Wenn man alle inhaltliche Empörung über die Vorgänge beiseite lässt, gilt immer noch: Bei einem Unternehmen, das eine derartige öffentliche Performance bietet, brennt der Hut.

Man kann nun die handelnden Personen der Unfähigkeit zeihen, den Karren des Großunternehmens ORF aus dem Sumpf zu ziehen. Man kann sich fragen, wie das Werkel funktionieren kann, wenn - nach der Abwicklung Oberhausers und dem Tod des Technischen Direktors Peter Moosmann - Generaldirektor Alexander Wrabetz nun auch die Agenden dieser beiden übernimmt. Aber das alles trifft dennoch nicht den Kern: Denn auch die derzeitige ORF-Spitze wurde nach politischen Kriterien austariert. Solange sich hier nichts ändert, scheint nachhaltige Besserung der Anstalt nicht möglich.

Der ORF ist eine österreichische Gesellschaft. Dieser lapidare Befund ist leider eine gefährliche Drohung für die Zukunftsfähigkeit der größten Medienorgel im Lande. Man hat es als journalistischer Beobachter wie als Bürger und Gebührenzahler zurzeit schwer, in Sachen ORF Perspektiven zu entdecken. Selbst einer wie Armin Thurnher, der seit Jahr und Tag das Mantra von der notwendigen Parteien-Unabhängigkeit des ORF vor sich herträgt, ist in der Ratlosigkeit angekommen: Vielleicht muss man den ORF einfach sein lassen, äußerte der Falter-Chef zuletzt in seiner Zeitung. Als ob es dieses Beispiels bedurft hätte: Publizistische Unterstützer des ORF brechen dramatisch weg.

Die Innovationskraft der Konkurrenz

Man mag ja denken: Vielleicht muss die Unerträglichkeit des aktuellen ORF-Seins nur groß genug werden, damit sich etwas bewegt. Aber dass 46 Jahre nach dem Rundfunkvolksbegehren die Parteienumklammerung des ORF nach wie vor evident ist, schürt kaum Hoffnungen auf Veränderung.

Derweil machen Mitbewerber dem ORF vor, wie sehr auch sie zu Qualität imstande sind. Dass der Privatsender Puls 4 täglich mit dem spritzigen Talk of Town reüssiert, spricht sich langsam herum. Und gar erst Dietrich Mateschitz' Servus TV, das seit einem Jahr dem ORF die Schneid abkauft: Der dortige Talk im Hangar 7 etwa lässt ORF-Formate wie den Club 2 oder gar das Parteisekretäre-Treffen namens Im Zentrum alt aussehen. Auch im Bereich der Dokumentationen und Magazine macht der kleine Sender vor, dass er es kann: Ein Privatkanal bringt "öffentlich-rechtliches" Programm zustande?

Wenn die Universum-Mannschaft nun tatsächlich nach dorthin abwandert, dann hat der Showdown für den ORF wohl endgültig begonnen.

* otto.friedrich@furche.at

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