Proponenten formulieren ORF-Konzept

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Drei Gruppen arbeiten an Sparplänen und Konzepten für einen neuen ORF. Dessen Gremien fassen noch keine Beschlüsse, tagen nach Ostern wieder.

Diskret, aber mit ungeheurem Einsatz arbeiten gegenwärtig drei Gruppen völlig unabhängig voneinander an Plänen und Konzepten für den ORF. Diese Initiativen verfolgen zudem unterschiedliche Ziele: Die Plattform "Rettet den ORF" erstellt legistische Vorschläge "zur Sicherung von Existenz und Unabhängigkeit" des Österreichischen Rundfunks. Dessen Generaldirektor, Alexander Wrabetz, verhandelt jetzt doch mit dem Betriebsrat sein "Strategie- und Strukturkonzept für den ORF", das die "Bestandssicherung des Konzerns" zur obersten Leitlinie hat. Und das Bundeskanzleramt arbeitet derzeit an neuen und guten "Rahmenbedingungen" für den ORF, wie es Bundeskanzler Werner Faymann ausdrückt. Die einzelnen Projekte sind unterschiedlich weit gediehen.

Koordiniert von Presse-Chefredakteur Michael Fleischhacker formulierten die Proponenten der Plattform "Rettet den ORF" ihre Zielbestimmungen für den Standort des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Demzufolge sind Programmauftrag und Dienst am Publikum über die Erwerbsinteressen des ORF zu stellen. Dieser habe unabhängig, unparteilich und objektiv einem möglichst breiten Publikum Information, Bildung, Beratung und Unterhaltung zu präsentieren.

Was ist anspruchvolles Programm?

Die Plattform "Rettet den ORF" wird in ihren Überlegungen sehr konkret und verlangt etwa, die Verpflichtung des Fernsehens zu "anspruchsvollen Sendungen" in den Hauptabendprogrammen "zu verdeutlichen und effizienter zu machen". Der Begriff des "Anspruchsvollen" sei gesetzlich in dem Sinne zu definieren, dass es sich dabei um Darbietungen von publizistischem, kulturellem oder künstlerischem Wert handeln müsse. Für die Erfüllung des Anspruchsgebotes zählen daher, so die Proponenten, folgende Sendungen nicht: Nachrichten, Sportberichte, Spieleshows, Werbe- und Teletextleistungen. Die anspruchsvollen Sendungen und Eigenproduktionen seien zudem in den Programmankündigungen und im Teletext auszuweisen.

"Rettet den ORF" wünscht die beiden TV-Programme als Vollprogramme, Spartenprogramme seien lediglich auf Sport und Kinder zu beschränken. Im Auftrag des ORF seien weitere Eckpunkte zu verankern. Dazu zählen die Erhaltung des Radio-Symphonieorchesters, die Radio- und Fernsehversorgung Südtirols sowie ein unverschlüsseltes Radio- und Fernsehangebot, das in Europa über Satellit verbreitet wird.

Die Werbefinanzierung halten die Proponenten zwar für erforderlich, unterwerfen sie aber einigen Limits. Die Werbebestimmungen seien zu modifizieren, im Fernsehen sei die Werbung zu vermindern, die Werbedauer dürfe pro Tag und Kanal 21 Minuten nicht überschreiten, die Sponsoringregeln haben auch für das Radio zu gelten.

Einige Restriktion fordert "Rettet den ORF" auch für den Online-Auftritt des Medienunternehmens. Dieser sei zu begrenzen, und zwar auf Angebote zur nachhaltigen Nutzung der Radio- und Fernsehprogramme, auf dessen Ergänzungen sowie auf den Bereich Information, Bildung und Beratung sowie das Marketing des Unternehmens.

Eine Verkleinerung des Stiftungsrates auf 21 Mitglieder (derzeit 36) werden von der Plattform ebenso verlangt wie Verminderung der Führung auf vier (derzeit sechs) Direktoren. Der Publikumsrat solle zu einem "Dialogforum über Auftrag und Wirken des ORF aufgewertet werden".

Wrabetz mit neuen Sparplänen

Während die Aktion "Rettet den ORF" diese Pläne schmiedet und das Bundeskanzleramt ein neues ORF-Gesetz erarbeiten lässt, steigt Alexander Wrabetz mit den Betriebsräten in den Ring, um die konkreten Sparpläne auszuarbeiten. Er hat sein "Strategie- und Strukturkonzept" inzwischen in das Intranet des ORF gestellt, zugleich den Rotstift an neuen Stellen angesetzt.

So will ausgerechnet Wrabetz, der den ORF größtmöglich erhalten will, unbestätigten Berichten zufolge nun weitere Auslagerungen forcieren, das Rundfunkorchester auflösen und die Kauf-Kinderprogramme streichen. Die Eigenproduktionen sollen eingeschränkt, die Sportübertragungen vermindert werden (diese erbringen bei einem Anteil von 18,7 Prozent der Kosten nur 10,7 Prozent der Sendeleistung, wie der Rechnungshof feststellt). Für die Mitarbeiter plant Wrabetz 2010 eine Nulllohnrunde, den Stopp des Reiseclubs und die Streichung einiger freiwilliger Sozialleistungen.

Weder der Stiftungsrat noch der Finanzausschuss haben zum Monatsbeginn die ursprünglich geplanten Beschlüsse zustandegebracht. Den folgenlosen Debatten folgte nur die Einigung dafür, die Gespräche über das Konzept von Wrabetz im Finanzausschuss am 27. April fortzusetzen. Falls dieser Termin für Wrabetz noch sinnvoll ist.

Regierungschef Faymann lässt ein neues ORF-Gesetz erarbeiten, dessen Grundzüge nach Ostern vorliegen sollen. Im Wesentlichen wünscht er eine verkleinerte Führung und eine schlankere Struktur. Sollte der ORF weiters zu den erforderlichen Reformen und Einsparungen beitragen, dann sei die Regierung bereit, dem ORF Teile der durch die Gebührenbefreiung entgangenen Gelder zu ersetzen. Zugleich jedoch lässt Faymann, ebenfalls unbestätigt, nach einer neuen Führung für den ORF Ausschau halten. Einmal ist dafür dessen früherer Generalintendant und nunmehrige Chef von RTL, Gerhard Zeiler, im Gespräch.

So liegen also die Dinge: Faymann will eine neue Führung, Wrabetz kämpft um sein Überleben und einen großen ORF, und die - von unabhängiger Publizistik unterstützte Plattform "Rettet den ORF" - meldet ihren Anspruch auf Mitwirkung am ORF-Gesetz an.

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