Werbung
Werbung
Werbung

Mit "Puls TV" hat Wien seinen ersten Stadtsender. Fernsehen zwischen Dilettantismus und Testbild.

Der Arbeitstag eines Busfahrers, Kinder bei einem Radfahrwettbewerb, Rettungsfahrer über ihren Einsatz beim Donauinselfest: Wer seinen Fernsehsessel in Wien stehen hat, kann sich seit voriger Woche mit Informationen der weniger weltbewegenden Art berieseln lassen. Mit PULS TV hat die Bundeshauptstadt nun einen eigenen Stadtsender. Endlich, meinen manche. Wozu bloß, fragen andere.

In der ersten Woche verströmte PULS TV den Charme des blanken Dilettantismus. Bildausfälle von bis zu einer Minute sind bislang nichts Außergewöhnliches und noch Tage später erzählen Zuschauer von jener Tapete, die am ersten Sendetag nicht und nicht an der Wand des Studios haften bleiben wollte. Doch selbst wenn Pannen wie diese mit zunehmender Routine seltener werden, stellt PULS TV doch einen für Wien neuen Typus von Fernsehsender dar: TV mit einfachsten Mitteln. Wer für Privatsender wie RTL II oder ATV plus das Prädikat "billig" verwendet, hat sich noch nie Stadtfernsehen zu Gemüte geführt.

Selfmade-Fernsehen

"Unabhängige Information, urbanes Entertainment und lebensnahes Service" verspricht die Homepage des Senders - kurzum: "spannendes Programm für und aus ihrem Leben" wie es auf www.pulstv.at unter Missachtung der Grammatik heißt. Gesendet wird - abgesehen von Werbung - vorerst nur selbst Produziertes: Von sechs bis neun Uhr gibt es Österreichs erstes Frühstücksfernsehen (Café PULS, der "Wien-Wecker"), von 13 bis 15 Uhr das Wien Quiz, von 16 bis 20 Uhr 15 Wien-Live. Die in den drei Sendungen herrschende Mischung aus Geplaudere mit Gästen, Gewinnspielen und eingespielten Beiträgen ist eine Art Sparvariante von Willkommen Österreich. Bezeichnend, dass mit Reinhard Jesionek ein ehemaliger Moderator der ORF-Nachmittagssendung bei PULS TV vor der Kamera steht. Auf Wetterberichte in regelmäßigem Abstand wird ebenso Wert gelegt wie auf aktuelle Verkehrsinformationen, die in einer Endlosschleife über den unteren Bildschirmrand flimmern.

Endlosschleifen

Von 20 Uhr 15 bis 21 Uhr gibt es Dokumentationen, eine Kuppelshow namens Vienna Dating mit einer frühzeitig ausgeschiedenen Starmania-Kandidatin, ein Kino-Magazin (Preview) und mittwochs eine Talksendung mit Senderchef Helmut Brandstätter. Wie bislang jeder Journalist wurde der ehemalige ORF-Redakteur (Auslandsreport) und Leiter des deutschen Nachrichtensenders n-tv der Wortschwalle Helmut Zilks, des ersten Gastes, nicht Herr. Die Nachrichten um 9 und 12 Uhr entpuppten sich als Aneinanderreihung jener Beiträge, die schon über die Stunden zuvor verstreut waren. Produziert werden diese Beiträge von rund 30 Videojournalisten, die für alles zuständig sind: Die PULS TV-Reporter filmen und interviewen gleichzeitig, schneiden die Beiträge dann am Laptop, schreiben und sprechen auch die Moderation. Ganze drei Stunden (9 Uhr 5 bis 10 Uhr, 11 bis 12 Uhr, 15 bis 16 Uhr) gehören dem - Kabelkunden nur allzu bekannten - Media-Shop, auf dem vom Reinigungsmittel bis zum Fitnessgerät als "sensationell" angepriesene Produkte käuflich zu erwerben sind.

Wenig Freude mit PULS TV hat der ORF, denn er musste für den privaten Stadtsender eine seiner Frequenzen herausrücken; nämlich jene, auf der bislang ORF 2 mit Wien heute zu sehen war. Für Fernsehzuschauer, die ihre Programme nicht über Kabel, sondern über Antenne empfangen, hat dies unangenehme Konsequenzen: Sie können zwar ORF 2 auf einem anderen Kanal einstellen - allerdings bekommen sie dann täglich um 19 Uhr Niederösterreich heute zu sehen. Wer auf Wien heute nicht verzichten will, muss auf jenen Kanal umschalten, auf dem normalerweise PULS TV zu sehen ist. Nur dort nämlich ist - als Fremdkörper inmitten der PULS-TV-Sendung Wien Live - die ORF-Sendung Wien heute zu empfangen. Um die ZIB 1 zu sehen, muss man dann wieder auf ORF 2 zurückschalten.

ORF ärgert mit Testbild

Damit nicht Zuschauer bei der ungeliebten Konkurrenz hängenbleiben, sendete der ORF in den letzten Minuten der ihm zustehenden Sendezeit auf der PULS TV-Frequenz das gute alte Testbild. Nostalgiker bekamen dabei feuchte Augen, Helmut Brandstätter hingegen fand die Maßnahme "lächerlich und kleinkariert". Der ORF betrachtet den Sender jedoch zu Recht als ernst zu nehmende Konkurrenz: So wackelig die ersten Schritte von PULS TV auch sein mögen: laut Branchenkennern steht niemand anderer als PRO 7 Austria hinter dem Unternehmen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung