Schwarz statt grün

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Seit der ORF die Rechte für die Bundesliga an Premiere und ATV+ verloren hat, herrscht Uneinigkeit jenseits der Mattscheibe.

Schwarzer Bildschirm statt grünem Rasen: Mit einer 16-minütigen Mattscheibe begann heuer für die TV-Zuseher die österreichische Bundesliga. Beim ORF, über dessen Anlagen die Live-Übertragung des Spiels Wacker Tirol gegen GAK lief, hatte ausgerechnet an diesem Tag der zuständige Computer inklusive Ersatzgerät den Geist aufgegeben. Ob dieser Ausfall auch passiert wäre, wenn das Fußballspiel im ORF und nicht bei der privaten Konkurrenz zu sehen gewesen wäre? Der ORF dementiert jegliche Absicht, doch der Schock über den Verlust der Rechte an der österreichischen Bundesliga sitzt dem einstigen Monopolisten noch immer in den Knochen. Seit die Übertragungsrechte im Mai für 42 Millionen Euro auf drei Jahre an den Pay-TV-Sender Premiere und an ATV+ gingen, ist die Bundesliga praktisch aus der öffentlich-rechtlichen Sportberichterstattung verschwunden.

Streit um Termine

Wer sich Spiele von Rapid, Austria oder Sturm live im Fernsehen ansehen möchte, ist nun auf ein Premiere-Abonnement angewiesen. Die Eröffnungspartie war nur als Appetithäppchen gedacht, ATV+ muss sich normalerweise mit Nachberichterstattung begnügen: Der österreichische Privatsender berichtet an jedem Spieltag um 22 Uhr in seiner Fußballshow Volltreffer über alle Bundesligaspiele des Tages. Auch Aufzeichnungen der Premiere-Übertragungen werden mit Verspätung nachgereicht: Das "Topspiel" der Woche noch in der selben Nacht, die Konferenzschaltung der übrigen Spiele am nächsten Vormittag.

Zwist um Sekunden

Seit seiner Niederlage kämpft der ORF verbissen um das gesetzlich verbriefte "Recht auf Kurzberichterstattung", da es sich bei den Spielen der österreichischen Klubs um "Ereignisse von allgemeinem Informationsinteresse" handle. Nur: Wenn der ORF in seiner Sportsendung nach der Zeit im Bild 1 alle interessanten Szenen der Bundesliga zeigt, wer will sich dann noch zwei Stunden später Volltreffer auf ATV+ ansehen? Der Fall ist mittlerweile beim Bundeskommunikationssenat (BKS) gelandet. Der jüngste Schlichtungsvorschlag der Behörde gesteht dem ORF 45 Sekunden pro Spieltag für zwei Spiele seiner Wahl nach 19 Uhr 55 zu. Ein Vorschlag, mit dem Premiere und ATV+ leben können, nicht aber der ORF: "Die elementaren Interessen unserer Zuseher werden mit dem Vorschlag des Senats mit Füßen getreten", poltert Sportchef Elmar Oberhauser, der dem Vernehmen nach auf Bilder im Umfang von 180 Sekunden pro Runde besteht. "Arrogant und realitätsfern", tobt Premiere-Chef Georg Kofler über dieses Ansinnen. Aus drei Minuten könne der ORF locker ein ganzes Magazin stricken, mutmaßt Kofler: "Mit Interviews, Kommentaren, Beiträgen aufgepeppt wäre das überhaupt kein Problem." Die nächste BKS-Sitzung findet am 6. September statt.

Nach dem Verlust der Bundesligarechte ergoss sich in vielen Medien "Häme und Schadenfreude" (Generalintendantin Monika Lindner) über den ORF. Spott und Hohn entsprangen freilich dem jahrelang aufgestauten Zorn über eine Fußballberichterstattung, deren Qualität zu wünschen übrig ließ. Der Aufsteiger ATV+ erweist sich jedoch noch nicht als reif für die oberste Spielklasse. Denn wer sich eine merkliche Verbesserung der Bundesligaberichterstattung im Free-TV erwartete, wurde bitter enttäuscht. Analytische Fähigkeiten, Begeisterungsfähigkeit, Witz: All das, was man bei den ORF-Kommentatoren immer schmerzlich vermisste - auf ATV+ ist es genausowenig zu finden. Lässt sich denn in Österreich wirklich niemand auftreiben, der etwas über System und Taktik einer Mannschaft zu sagen vermag, der die Geschwindigkeit seiner Sprache und die Lautstärke seiner Stimme dem Spielverlauf anpassen kann und dessen Humor über eingelernte Formulierungen wie "Klingelingeling - der Eiermann ist da!" hinausgeht?

Kampf der Moderatoren

Für Volltreffer konnte ATV+ den honorigen Didi Constantini gewinnen. Seine sympathische Lockerheit kann jedoch die analytische Schärfe des staubtrockenen Grammatikexperten Herbert Prohaska nicht aufwiegen. Und für Max Schmiedl sind die Schuhe des Präsentators noch einige Nummern zu groß: ehemalige ORF-Mann (Taxi Orange-Sieger, dann: echt fett) ist immer eine Spur zu breitbeinig, zu laut, zu wienerisch und seine Versprecher sind Legion. Die Partie Schmiedl/Constantini gegen die ORF-Studiostammformation Nehiba/Prohaska steht bislang klar null zu zwei.

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