Kurssturz für Querquoten

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Peter Plaikner über die Positionierung von Nachrichtenmedien und Opportunismus in Krisenzeiten.

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Peter Plaikner über die Positionierung von Nachrichtenmedien und Opportunismus in Krisenzeiten.

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Der Zweifel gibt, der Lockdown nimmt. Anders als Puls 4 und ATV hat Servus TV nach dem Sommer Marktanteile gewonnen. Als Grund dafür gilt der gewagte Pandemie-Kurs im Mateschitz-Programm. Beginnend mit Intendant Ferdinand Wegscheiders Wochenkommentar bis zum mühsam von Moderator Michael Fleischhacker gebändigten Corona-Quartett positioniert sich der Sender uneingestanden als Sammelplatz selbst ernannter Querdenker. Die Einschaltquoten bestätigen diese Zielgruppenstrategie aber nur bis zum Soft-Start des Lockdowns. Im November verlor auch Servus TV. Der ORF hingegen feierte den größten Monatszuwachs an Marktanteilen seit Einführung des Teletests vor 29 Jahren. Lediglich die Kleinstsender oe24.tv und Puls 24 konnten ebenfalls zulegen. Das zeigt einerseits erneut, welch starker Turbo Krisen für Nachrichtenmedien sind – von seriös bis Boulevard. Das ist andererseits aber auch ein Indiz dafür, dass Positionierung im Informationssektor nur bis zum Beweis des Gegenteils funktioniert.

Auf Servus TV ist der umstrittene Mediziner Sucharit Bhakdi ein Dauergast, der dort noch Ende September behauptete: „Es gibt keine zweite Welle.“ Unterdessen zeigen die USA, wie situationselastisch sich auf Windwechsel reagieren lässt. Fox News, der Hofsender für Donald Trump, wendet sich von ihm ab. Es will auch unter dem neuen Präsidenten die Nummer eins der Nachrichtensender vor CNN und MSNBC bleiben. Ein solcher Dreikampf entwickelt sich hierzulande zwischen ORF III, Puls 24 und oe24.tv. Doch die meistgesehene Tages-Info nach „Zeit im Bild“ und „ZIB 2“ sind „Servus Nachrichten“. Sie haben manchmal mehr Publikum als jede Sendung in ORF 1. Hierfür der Herausforderer zu werden, ist das wahre Ziel von Servus TV. Es wird spannend, ob Mateschitz das wichtiger bleibt als der Corona-Kurs. Denn dieser ist ohne den Milliardär nicht denkbar.

Der Autor ist Medienberater und Politikanalyst.

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