Vorerst: "Bilder-Radio"

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Ein Handybetreiber und ein TV-Sender versuchen sich in Handy-TV. Ein Testlauf, beschränkt auf die Wiener Innenstadt, soll Gewissheit geben .

Die Zukunft hat längst begonnen: Da sitzen Teenager, mit ihrem Handy in der Straßenbahn und sehen sich neueste Videoclips an. Da können eifrig gestresste Pendler die Nachrichten am Heimweg empfangen. Da kann der "Abend mit Freunden" noch so langweilig sein, wenn unter dem Tisch das Bundesliga-Spiel aufs Handy live übertragen wird.

Fernsehen am Handy ist in Wien seit Ende Jänner Realität - wenn auch nur in einem kleinen Testbetrieb, der vorerst auf die Innere Stadt beschränkt bleibt. Der Mobilfunkbetreiber "3" hat Handy-TV gemeinsam mit dem Wiener Stadtfernsehen Puls TV und dem Musikgiganten Universal Music im Probebetrieb gestartet. Unter dem Namen 3Live! hat man einen Sender gegründet, der neben stündlichen Nachrichten auch aktuelle Beiträge aus dem laufenden Programm von Puls TV (darunter Sequenzen aus den Sendungen Talk of Town, City News oder Metro) sowie Musikvideoclips abspult. "MobileTV" nennen das die Fachleute.

Fernsehen für Zwischendurch

"Wir sehen Mobile TV neben Musik und Blogging-/Chattingdiensten als einen der stärksten Wachstumstreiber in der Mobilfunkbranche", sagt "3"-Österreich-Chef Berthold Thoma, der mit 3Live! vor allem junge, urbane Menschen ansprechen will. Deren Nutzungsverhalten ist freilich höchst unterschiedlich: "Abhängig von der Situation und vom Nutzerverhalten entscheiden sich manche Kunden eher für News, andere für Sportübertragungen oder Unterhaltung", weiß Thoma.

Mobile TV sei vor allem "Fernsehen für Zwischendurch". Und damit ist das neue Medium eine Art Bilder-Radio. "Wir haben uns bei der Konzeption des Programms von 3Live! stärker an einem Radio-als an einem herkömmlichen TV-Programm orientiert. Die Inhalte werden häppchenweise vermittelt", so Thoma. "Fun, News, Interviews oder Musikvideos wechseln mit interaktiven Elementen, wie etwa Blogging-Elementen direkt von den "3"-Kunden".

Aber es geht auch anders - zumindest versuchsweise: "Im letzten Jahr haben wir mit dem Science-Fiction-Film Ainoa den ersten Film zeitgleich mit dem Kinostart in voller Länge auf allen "3"-Handys übertragen - und wir haben es sogar technisch möglich gemacht, dass die Kunden den Film stoppen und später an derselben Stelle wieder einsteigen konnten", sagt Thoma.

Wie beim echten Fernsehen

Bei den Programmgestaltern von Puls TV ist man mit der neuen Verwertungsschiene zufrieden: "Die Bildqualität ist unfassbar gut", schwärmt Andreas Wölfler von Puls TV. Und stellt klar: "3Live! ist kein On-Demand-Sender. Das heißt, das Programm wird laufend übertragen. Das punktuelle Ansehen oder gezielte Herunterladen von Sendungen ist nicht möglich - aber wir denken darüber nach", so Wölfler.

Bis zum Sommer läuft 3Live! in der Testphase nur in der Wiener Innenstadt, danach "ist ein wienweiter Ausbau geplant", so Wölfler.

Vorerst wird bei 3Live! noch auf Werbung verzichtet, künftig soll sich der mobile Sender, der auch via Datenkarte auf dem Laptop empfangbar ist, allerdings durch Spots finanzieren. "Hutchinson 3G Austria", der Betreiber von "3", investierte einen "niedrigen sechsstelligen Eurobetrag" (Thoma) in das mobile Fernsehen. Die technische Basis: UMTS-Streaming, das den neuen Kodierungs-Standard H.264 verwendet und damit eine sehr gute Bildqualität sicherstellen soll. Die Technik hat jedoch nichts mit dem Mobil-TV-Standard DVB-H (das H steht für Handheld) zu tun, der mit dem digitalen, terrestrischen Fernsehen DVB-T kompatibel ist. Die rechtlichen Voraussetzungen: "Hutchinson 3G" hat in Österreich eine Programmzulassung für Rundfunk erworben. Eifrig getestet wird natürlich auch bei der Konkurrenz "Mobilkom Austria" und "T-Mobile", die aber auf eine Anfrage der Furche bis Redaktionsschluss nicht reagierten.

Damit das mobile Fernsehen nicht bloß eine kostenintensive Spielerei bleibt, sind innovative Formate gefragt. Berthold Thoma: "Letztlich hängt der Erfolg von MobileTV wesentlich von den Inhalten ab." In Deutschland ist man da schon einen Schritt weiter: Dort werden schon die ersten Handy-TV-Serien produziert. Die Episoden sind bloß zwei Minuten lang und werden ausschließlich für mobile Nutzer ausgestrahlt. In Japan sind kurze Serienfolgen bereits ein Hit beim zahlenden Publikum.

Gute Nachricht für alle Filmemacher, die bisher aus finanziellen Gründen kaum mehr als einen Kurzfilm zustande brachten: Diese Gattung der Filmbranche könnte, mithilfe von Mobile-TV, zum ersten Mal eine (kommerzielle) Blüte erleben.

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