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Der Tanz um das Schema

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Der Zwist um „Politik am Freitag” macht noch kein neues ORF-Programm-schema. Zwar dreht sich vieles um die politischen Magazine, aber bei weitem nicht alles.

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Der Zwist um „Politik am Freitag” macht noch kein neues ORF-Programm-schema. Zwar dreht sich vieles um die politischen Magazine, aber bei weitem nicht alles.

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Angesagte Revolutionen finden nicht statt. Diese Weisheit bewahrheitete sich auch wieder, als es darum ging, das neue ORF-Programmschema durch die politische Kontrollinstanz, das Kuratorium, absegnen zu lassen.

Während in den Printmedien noch vor der Kuratoriumssitzung der Unmut über die Streichung des wöchentlichen „Politik am Freitag”-Termins artikuliert wurde und Medienpolitiker der

ÖVP noch ein Schäuferl nachlegten, ging dann alles sehr rasch.

„Bacher hat den ORF und die ÖVP im Griff”, titelte etwa der „Kurier” hämisch das Unvermögen der VP-Medienpolitiker, Theaterdonner in Taten umzusetzen. Alle, die sich eine handfeste Auseinandersetzung in der Kuratoriumssitzung erwartet hatten, wunderten sich über die zahme Gangart der oppositionellen Kritiker. Aber wenn Bacher und die sozialistischen Kuratoren partout das gleiche wollen, dann sind die oppositionellen Chancen auch im ORF sehr gering.

Mit „PaF” wird ab Herbst somit kein Politiker mehr zu schrecken sein. Denn nach der Sommerpause wird das Politmagazin ausradiert. Noch vor dem geplanten Inkrafttreten des neuen Programmschemas Anfang Oktober.

Ab diesem Zeitpunkt ist dann der Donnerstag, 20 Uhr 15, FS 2, innenpolitischer Fixpunkt. Der „Inlandsreport”, zu diesem Termin nun wöchentlich ausgestrahlt, muß die „PaF”-Themen aufnehmen.

Um den Abschied von „PaF” zusätzlich noch zu versüßen, hat Bacher Mittwoch nach der „Zeit im Bild 2” für Publicity-suchende Politiker ein Zuckerl im Talon. Eine „politische Dokumentation”, wobei durch einen nachfolgenden „anspruchsvollen Spielfilm” politikunwillige Seher vor dem Bildschirm gebunden werden sollen.

Diese politischen Schachzüge waren nach ORF-Lesart auch deshalb notwendig, um ein „tägliches Kulturjournal” im Anschluß an die „ZiB 2” zu ermöglichen. Die Dauer: Zehn Minuten täglich. Dafür mußte aber das wöchentliche Kulturjournal der „politischen Dokumentation” weichen.

Aber immerhin: Fünf Minuten mehr Kulturberichterstattung pro Woche ergab das simple Re-chenexempel des ORF (so als ob die „ZiB 2” bisher überhaupt keinen Kulturbericht gesendet hätte), noch dazu so plaziert, daß die Kultur über das „3 SAT”-Pro-gramm exportiert werden kann.

Damit sind aber schon die wesentlichen Passagen des neuen Programmschemas Fernsehen abgehandelt. Der Rest ist Anpassung des Schemas an die inzwischen eingetretene Programmrealität, aufgefettet durch neu gesetzte Tore im Programmslalom, um auch die Seher fallweise aus dem Rhythmus zu bringen.

Insbesondere am Wochenende lauern Überraschungen. Da der „PaF”-Termin am Freitag durch Sport besetzt wird, müssen Sportfans den Kanal rechtzeitig wechseln, denn in FS 1 spielen sich zur bisher gewohnten Stunde nach 22 Uhr „Kunststücke” ab.

Am Samstag nachmittags gibt es in FS 2 ein neues Kästchen, das fallweise mit Musikbeiträgen oder einer Jugenddiskussion aufgefüllt wird. Das „Hohe Haus” in FS 1 mußte einem Kinderprogramm weichen, die Parlamentarier finden sich nun zur gleichen Zeit auf dem benachbarten Kanal.

Die „Fragen des Christen” werden nicht mehr vor dem Nachtfilm in FS 2 gesendet, sondern bereits zwischen Heinz Conrads und „Österreich heute” in FS 1 zur besten Sendezeit. Dafür mußte der Sporttermin um ca. 22 Uhr von FS 1 auf FS 2 wechseln, wo er statt den Nachrichten und den „Fragen des Christen” die Zeit bis zum Nachtfilm überbrücken muß.

Zwei Gewinner des neuen Schemas finden sich am Sonntag. Einerseits die mit einem Kästchen in FS 1 von 12 bis 13 Uhr bedachte Religion, und das Konsumentenmagazin „Argumente”, das, im Hauptprogramm von FS 1 programmiert, einen Freibrief für Uberlängen hat.

Bei aller Fixierung auf das Fernsehschema dürfen aber auch die Veränderungen in der Hörfunkprogrammierung nicht übersehen werden. Auch hier muß ein kritisches Magazin ins Gras bei-

ßen, wenn nicht nachträglich noch ein geeigneter Sendeplatz für „Im Brennpunkt” gefunden wird.

Die Landesintendanten waren sich jedenfalls einig, daß in einem „durch blockartige Programmierung klarer als bisher strukturierten” Regionalprogramm (ORF-Aussendung) kein Platz mehr für den Samstagvormittag-Sendetermin frei sein könne. Damit bleibt vorerst der Minderheitentermin am Freitag um 21 Uhr in ö 1 erhalten — ein sicheres Todesurteil für das unbequeme Magazin.

Die für die Rundfunkkultur Österreichs aber wahrscheinlich wichtigste Entscheidung betrifft ö 3. Nach dem Vorbild Kärnten werden auch die Landesstudios Vorarlberg, Tirol und Salzburg beginnen, zu bestimmten Zeiten lokale Ö 3-Programme auszustrahlen. Damit kann wie in Kärnten individuell auf die anwachsende Radiokonkurrenz aus dem umliegenden Ausland reagiert werden.

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