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Leid als Inspiration

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Die romantische Oper „Les Contes d'Hoffmann” von Jacques Offenbach bietet sich für opulente Inzenierun-gen geradezu an. Vor allem im dritten Akt, in dem die berühmte Bakarole erklingt, pflegen große Opernhäuser wahre Flotten venezianischer Gondeln auf die Bühne” zu zaubern. Die in ihren räumlichen Ausmaßen bescheidene Wiener Kammeroper hat sich nun unter der Regie von Philippe Ar-laud an eine von der Ausstattung her minimalistische Inszenierung gewagt. Der nur zwölfköpfige Chor singt durch golden gerahmte Fenster •in den Wänden. Die Kostüme des Chores, der bewölkte Himmel und die roten Samtvorhänge - für das Bühnenbild zeichnet auch Arlaud verantwortlich - erinnern stark an die Bilder von Rene Magritte.

Wie auch die surrealistische Malerei beschwört die gelungene Inszenierung in der Kammeroper die Abgründe des Unterbewußtseins. Der psychisch angeschlagene und betrunkene Dichter Hoffmannn (bei der Premiere leider indisponiert: Michael Phillip Davis) wartet auf die von ihm verehrte Sängerin Stella in deren Garderobe. Von seiner Muse (Beatrice Petitet) angestachelt, erinnert er sich an seine tragisch gescheiterten Liebesgeschichten: Die Liebe zu der mechanischen Puppe Olympia (ein Ohren- und Augenschmaus: Ofelia Sala), zu der venezianischen Kurtisane Giulietta (pralle Erotik: Morenike Fadayomi) und der todkranken Sängerin Antonia (Natalia Cadet). Am Ende läßt ihn auch die geliebte Stella (Silvia Stenchlakova) sitzen und macht sich mit dem Nebenbuhler (Jean-Francois Vinciguerra) davon. Die Muse ist zufrieden: Leid, so scheint es, ist die beste Inspirationsquelle.

(Es musizieren Mitglieder des Symphonischen Orchesters Bratislava unter der ljeituhg von Edgar Sei-penbusch.)

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