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Oper zum Lächeln

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Beim Festival der neuen Welten im umbrischen Städtchen Spoleto werden alljährlich zwei Opern neuinsze-niert, weshalb dieses Festival ausnahmsweise auch eine Subvention erhält. Heuer hat dessen Erfinder und Leiter, Gian Carlo Menotti zwei kontrastierende Opern gewählt: „Wozzeck" von Alban Berg, der in Spoleto noch nie und in Italien kaum aufgeführt wurde, unter der Regie von Günter Krämer, dem Direktor der Kölner Oper, der für Spoleto bereits „Jenufa", „Elektra" und die „Dreigroschenoper" mit großem Erfolg inszenierte. Dirigieren wird der junge Steven Mercurio, der Musikdirektor des Festivals. „Im Kontrast zu ,Wozzek' wollte ich eine sehr leichte, sehr französische Oper machen: ,Les Mamelles de Tiresias' von Francis Poulenc". „Das", erklärte Menotti, „ist eine kurze Oper, sodaß ich ihr das Ballett voransetzte, das Poulenc mit Jean Cocteau gemeinsam machte: JLes Biches' mit den Szenen von Marie Laurencin. Ich schließe mit Beethovens Neunter, die der junge Deutsche Thielemann dirigiert."

Die Opera buffa „Les Mamelles de Tiresias" ist eine surrealistische Metapher über das Thema Fortpflanzung. Die schneidende Ironie des Textes von Guillaume Apollinaire über die vertauschten Rollen von Mann und Frau und der unterhaltsame Aufruf an die Menschheit, mehr Kinder in die Welt zu setzen, scheint heute aktueller als 1947, zur Zeit der Entstehung dieser Oper.

Auf dem Theater bietet die russische Theatergruppe von Leo Dodin mit „Claustrophobia" und „Manifest" (siehe Furche 24/94, Tribüne) interessante Avantgarde. Vittorio Gassman hat ein Stück für sich und seinen Sohn, geschrieben. Hinreißend wie immer sind die Marionetten der Familie Colla, bei Ballettaufführungen kann man zwischen Roland

Petit, Martha Graham und dem Ballett National de Nancy e de Lorraine wählen. Auf die Frage, wie er auf die Anschuldigung, er betreibe Nepotismus reagiere, meinte der betagte Menotti im Hinblick auf seinen amerikanischen Adoptivsohn: „Der Gemeinderat von Spoleto will sich nach meinem Tode mein Festival aneignen, aber ich will, daß es in meiner Familie bleibt. Ich glaube, daß Bayreuth trotz aller Streitigkeiten nur deshalb weiter besteht, weil es in der Familie Wagner geblieben ist und ich hoffe, daß Spoleto das Menotti-Festival bleiben wird."

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