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Präzision und Timing

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Wien erlebte gerade den Schweizer Clown Dimitri als Regisseur von Jacques Offenbachs Operette „Banditen" an der Wiener Kammeroper. Die Regiearbeiten Markus Kupferblums - „Orpheus und Eurydike" mit dem Totalen Theater, „La Traviata" in dem von ihm revitalisierten Scala-Theater am Mittersteig, „Peer Gynt" in einer Clown-Version oder sein „UrUrUr-Faust" - haben Aufsehen erregt und auf Tourneen internationale Anerkennung gefunden.

Markus Kupferblum hat die handwerkliche Kunst eines Komödianten in aller Welt gelernt: Masken in Bali, Commedia deH'arte in Spanien, Pantomime in Österreich, Film an der New York University, Musik und Schauspiel in Wien. Die Clownschule in Paris, die er als einer von vieren absolvierte, wurde von acht Schülern pro Jahrgang besucht: „Enttäuschte Schauspieler oder Artisten und Jongleure, die ihrer Kunst Charakter verleihen wollten."

Ein Clown darf nie auf Kosten anderer seine Spaße treiben: wie etwa einen Gast auf die Bühne holen und sich über ihn lustig machen. Die Utensilien des Spaßes sollen nicht das Können ersetzen. „Für mich", sagt Kupferblum, „sind die guten Clowns jene, hinter deren Kunst auch eine Ideologie steht. Ein guter Clown parodiert nicht, er liebt alles, was er sieht - die Kinder, die Manege, die Tiere. Er will so sein wie der andere. Er will staunen - nach Piatons Wort ,Man lebt, solange man staunen kann'. Weil er aber nicht so cool ist wie der von ihm Bestaunte, lachen die Leute über ihn: über seine Unvollkommenheit. Ein Clown scheitert immer an sich selbst. Ein Clown muß auf das Publikum eingehen. Ein Clown benimmt sich nicht wie ein Schauspieler, sondern wie ein Mensch. Eigentlich so, wie sich jeder Mensch benehmen sollte."

Clown ist männlich und weiblich. Kupferblum erzählt von großartigen weiblichen Clowns. Der Clown schafft durch sein Extemporieren ständig ein neues Stück. Seine Mitspieler sind bereit, aufeinander einzugehen. „Ko-misch-Sein ist eine ganz, ganz große Kunst. Man braucht Präzision und Timing. Das Lachen des Publikums ist ein Teil dieses Uhrwerks. Das Lachen vor tausend Leuten ist wie eine Brandung, eine Welle, die der Clown mitkomponiert."

Der Opernregisseur Kupferblum, der schon lange den Wunsch hegt, ein Musiktheaterensemble aufzubauen, inszeniert nicht drauflos, sondern analysiert vor jeder Inszenierung, was jeder Sänger gut kann. Er beginnt mit seinem Ensemble zuerst außerhalb der Rollen mit Spielen, um Elemente darzustellen und ihren Körper kennenzulernen.

Am 17. Februar hat Markus Kupferblums Regie von Harold Pinters „Der Hausmeister" im Volkstheaterin den Außenbezirken Premiere.

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