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Schloß-Musik

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Die Musik, die im 17. und 18. Jahrhundert von den kleinen Hofkapellen des Adels auf böhmischen und mährischen Schlössern gespielt wurde, ist ein unerschöpfliches Reservoir für Schallplatten-Raritäten: Frantisek Vaclav Miča (1694-1744) wurde zu seinem 300. Geburts- und 250. Todestag wiederentdeckt. Das junge internationale Ensemble „Le Monde Classique“, das in Wien zu Hause ist, hat die Oper „Der Ursprung von Ja- romeriz“ aufgenommen. Miča war Hofkapellmeister auf dem Questenberg-Schloß Jaromeriz, wo auch die Oper spielt , die 1730 uraufgeführt wurde. Es war die erste Oper mit einem heimischen Sujet, wenn auch die Entstehungsgeschichte des Schlosses nur eine untergeordnete Rolle spielt.

Das Libretto, ursprünglich französisch, wird italienisch gesungen. Jedem der beiden Akte folgt ein Intermezzo auf tschechisch. So gilt das Werk im doppelten Sinne als erste tschechische Oper. Johann Adam Graf Questenberg war Geheimer Rat und Kämmerer am Kaiserhof und leistete sich auf seinem mährischen Schloß ein Theater, in dem Oper und Singspiel gepflegt wurden.

Natürlich hatte er keine so große Kapelle, wie sie Miča von seiner Lehrzeit in Wien kannte. Aber diese böhmischen Musikanten waren Meister der Improvisation. Sie konnten auch mit. wenigen Instrumenten viel Effekt machen. Das kommt jetzt den Interpreten der Aufnahme zugute. Denn ein solches Minderheiten-Pro- gramm kann nicht zu aufwendig eingespielt werden. Der angesehene tschechische Musikwissenschaftler Vladimir Helfert hat schon in den zwanziger Jahren diese Musik untersucht, offenbar jedoch ohne sie gehört zu haben. Sein Urteil, das Miča als einen von vielen Epigonen einstufte, wurde generationenlang übernommen. Umso größer ist jetzt nach Vorliegen der CD die ÜbeAa- schung.

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