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Für Schwaches tun sich Herzen auf

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Karl Schönherrs Drama „Es“ ist das zentrale Stück in Telfs. Außerdem gibt es noch bis 3. September eine deftige Komödie von Thomas Hürlimann und eine Tiroler Uraufführung.

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Karl Schönherrs Drama „Es“ ist das zentrale Stück in Telfs. Außerdem gibt es noch bis 3. September eine deftige Komödie von Thomas Hürlimann und eine Tiroler Uraufführung.

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Das Zwei-Personen-Drama „Es“ von Karl Schönherr, die hervorragende Inszenierung der diesjährigen „Tiroler Volksschauspiele“, ist nicht nur das erschütternde Psychogramm einer problembehafteten Mediziner-Ehe, sondern auch eindringliches Manifest gegen die Abtreibung. Wobei Schönherr sich natürlich nicht mit gesetzlich sanktionierter Tötung Ungeborener aus Wohlstandsüberlegungen, sondern mit der Problematik der sogenannten Indikationsfälle auseinandersetzte. Soll ein Kind auf die Welt gebracht werden, das möglicherweise eine unheilbare Krankheit - in diesem Fall Tuberkulose - ererbt?

Das 1922 uraufgeführte Stück des Arztes Schönherr ist hochaktuell, auch das Thema „Wissenschaft und Ethik“ kommt darin zur Sprache. Ein Arzt und Vererbungsforscher, der an Tbc leidet und seine schwangere Frau sind die Hauptpersonen, unsichtbar dabei ist „Es“, das Kind im Mutterleib.

Um die Vererbung seiner Krankheit zu verhindern, aber auch um seine Reputation als Wissenschaftler zu retten, nimmt der Arzt gegen den Willen seiner Frau eine Abtreibung vor, die ihn letztlich seelisch genauso belastet wie die um ihr Kind gebrachte Mutter. Diese wäre bereit gewesen, ein krank geborenes Kind zu betreuen, denn „wo Schwaches und Krankes ist, da tun sich Herzen auf und werden Hände hilfsbereit“.

In der Regie von Klaus Rohrmoser bieten Judith Keller als Frau Maria und Markus Stolberg als Dr. Paul Reinisch trotz mancher Klippen überzeugende Leistungen.

Eine Uraufführung und eine österreichische Erstaufführung umranden sozusagen das Schönherr- Drama: „Fleisch und Rlut“ des Tiroler Autors Lothar Greger wendet sich vor allem gegen den Fließbandtod der Schlachttiere. Selbst im bäuerlichen Milieu aufgewachsen und in der Bio-Landwirtschaft tätig, plädiert Greger für einen würdevollen Umgang mit Tieren, weil „der Mensch ein Stück seiner eigenen Würde zurückgewinnt, wenn er Tiere und Natur auch würdig behandelt, anstatt sie auszubeuten“. Dieses Anliegen läßt sich allerdings dramatisch schwer umsetzen.

Wesentlich publikumswirksamer ist da schon „Da Franzos in Ötz“ des Schweizers Thomas Hürlimann. Die Komödie um Napoleons Schlachtenmaler Foulon geht auf einen Schwank aus dem Jahre 1824 zurück und stieß schon in der Schweiz auf viel Begeisterung. Die Tiroler Version läßt an Deftig-Komödiantischem nichts zu wünschen übrig. Dafür sorgt nicht zuletzt der urige Hans Brenner. Und Regisseurin Ruth Drexel meinte: „Das Stück ist auch ein Märchen, eine Zeitreise, nicht exakt ans Historische gebunden, ein Spektakel und ein Mysterienspiel zugleich …“. Das Spektakel im malerischen Zobelanger ist geglückt.

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