6668864-1960_50_15.jpg
Digital In Arbeit

Lückenbüßer Schönherr

Werbung
Werbung
Werbung

Seit mehr als vier Jahrzehnten wird Schön-h e r r s Bauerndrama „Der W e i b s t e u f e 1“ immer wieder aus der Schublade hervorgeholt und unverdrossen dem schon längst an derlei nicht mehr interessierten Publikum vorgesetzt, und stets ist die Reaktion alles eher denn begeistert. Nur weil da und dort das heimattreue Volksempfinden der dramatischen Folklore ohne Rücksicht auf Verluste zugetan ist, quittieren die Urbane Öffentlichkeit und die offiziellen Kulturinstanzen, von den militanten Streitern der bodenständigen Tradition eingeschüchtert, dies „schlichte“ Werk der schlichten Sinne und Begehrlichkeit, der schlichten Habgier und der schlichten Anstiftung zum Mord mit einem süßsauren halben Lob: man rühmt pflichtschuldig die szenische Verdichtung und die Vitalität daran und läßt es im übrigen über sich ergehen wie einen regnerischen Tag. So nun auch jetzt wieder am Burgtheater, woselbst diese Blutkonserve mitsamt dem Mord- und Totschlag aus Tirol neuerdings neu einstudiert worden ist, als eiserne Reserve, als Einschubstück für den Fall, daß sich eine Lücke auftut im Repertoire. Und so wie das ganze Stück und die ganze national-liberale Pseudovolkskunst Schönnens heute bloß noch als Lückenbüßer zu verwenden ist, so gibt sich denn auch die Inszenierung (Günther Haenel) zu erkennen: öde ist alles, muffig und hohl, für das Burgtheater unserer Tage denkbar ungeeignet. Judith H o 1 z-raeister, die glänzende Schauspielerin, doch weder rassiges Weib noch Teufel, müht sich mit Prestigeverlust in einem Fach, das nicht das ihre ist. Erich Auer bleibt äußerst blaß und leidenschaftslos als Grenzjäger, nur Hanns Obonya in der Rolle des siechen Bauern vermag zu überzeugen. Doch er allein rettet den vertanenen Abend nicht.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung