7126190-1997_05_21.jpg
Digital In Arbeit

Männerphantasien und Frauenbilder

Werbung
Werbung
Werbung

Hundertsechzehn Jahre nach der Uraufführung von Jacques Offenbachs „Les Contes d'Hoff-mann" gibt es immer noch neue Quellenfunde; jüngst tauchte gar das „Zensurbuch" der Uraufführung auf, das endlich die Originalgestalt des oft veränderten Werkes zu rekonstruieren erlaubt.

In Innsbruck ist nun die österreichische Erstaufführung der kritischen Ausgabe von Michael Kaye mit dem annähernd originalen Giulietta-Akt zu sehen. Dennoch: Die Oper ist kaum wiederzuerkennen.

In einer dunklen Blechkammer sind rund 30 nazibraun angezogene Männer einen Opernabend lang eingeschlossen: Hoffmann und seine Saufkumpane, ebenso alle anderen Personen der sonst so bunten Handlung.

Begisseur Tilman Knabe, unterstützt von Alfred Peter (Bühne) und Kathi Maurer (Kostüme) läßt die strammstehende oder zackig exerzierende Männerrunde hier zu Hoffmanns Erzählungen im Einheitsbild düstere Bituale und sexistische Phantasien ausleben. Zum deutschen Habitus wirkt das französische Singen (Choreinstudierung: Andreas Rup-pert) paradox und die Monotonie der Kollektiv-Optik langweilig. Mißfallen und Zwischenrufe erregte bei der Samstagpremiere zudem ein äußert freizügiges Frauenaktbild und seine „Behandlung". Eine Entgleisung!

Es waren die Sänger, die den szenisch fragwürdigen Abend retteten, voran die bravouröse Assia Davidov, als rote Puppe Olympia mit Schirmchen hübsch anzusehen, als Antonia sängerisch hinreißend und als blondes Gift Giulietta kalt wie eine Barbie-Puppe.

Und auch als Stella kann sie in der ergänzten Partitur im fünften Akt noch etwas singen. Stimmstark, freilich ohne das intellektuelle Flair des poetischen Phantasten, Ihsan Ekber in der Titelpartie; imponierend Charakterbariton Joachim Seipp als dämonischer Gegenspieler. Die Spiegelarie gönnt man ihm, obwohl sie ins „Original" des vierten Aktes nicht mehr hineingehört. Dale Albrights Buffopräsenz beeindruckt wie Gotthardt Schuberts Vaterfigur Crespel. Die Doppelrolle der Muse und des Ni-klas teilen sich Mezzosopran Marcia Bellamy und Tenor Christoph Rösel.

Viel Jubel für die Protagonisten und Arend Wehrkamps engagiertes, flottes Dirigieren. Beim Erscheinen der Szeniker gabs Aufruhr: Buh- und , Bravorufer nahmen heftig Partei.

(30. Januar, 4, 5., 7, 16, 21, 21 und 26. Februar)

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung