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Wie weit darf die Freiheit der Kunst gehen?

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Der Austritt von Erzbischof Georg Eder aus dem Verein der „Freunde des Salzburger Landestheaters" sorgte in den letzten Tagen für einiges Aufsehen in den Medien. Stein des Anstoßes war die Stückauswahl in der letzten Zeit am Salzburger Landestheater. Dazu zählen „Volksvernichtung" von Werner Schwab, die Aufführung des Kabarettistenduos,, Affronttheater",, Af-fronttheater-Auting" und zuletzt das Stück „Was heißt hier Liebe?", das die Berliner Jugendtheatergruppe „Bote Grütze" bereits in den siebziger Jahren aufgeführt hat. Die Furche bat Erzbischof Eder und Lutz Hochstraa-te, den Intendanten des Salzburger Lanpestheaters, zu Stellungnahmen.

Erzbischof Eder teilte der furche mit, daß er bereits seit seinem Studium i zu den Freunden des Theaters zählte. Er bedaure sehr, einen solchen

Schritt setzen zu müssen. Doch er wollte endlich „ein Zeichen setzen", wünscht sich aber den Dialog mit dem Landestheater, da die Kunst auch die Kirche interessiert. Zahlreiche Briefe von Eltern, deren Kinder mit ihren Klassen das Stück „Was heißt hier Liebe?" besuchten, alarmierten Eder. Empfohlen wird es vom Landestheater zwar für Jugendliche ab sechzehn Jahren, doch besuchen Lehrer mit dreizehn- bis vierzehnjährigen Schülern diese Aufführungen. Geworben wird mit Textausschnitten, die in sehr dümmlicher Art und Weise das Problem der Verhütung nicht nur verharmlosen, sondern auch noch persiflieren. Von der von Lutz Ffochstraate der furche gegenüber erwähnten vorsichtigen Zärtlichkeit, mit der im Stück mit Sexualität umgegangen wird, ist indes nichts zu merken. Es ist bedauerlich, daß bis zur Stellungnahme von Erzbischof Eder offensichtlich niemand zu sagen wagte, daß die Aufnahme dieses Stücks anachronistisch ist.

Auch wenn laut Hochstraate das Thema Aids angesprochen wird, mutet doch gerade dies sehr gewagt an. Denn es ist wohl kaum anzunehmen, daß dieses Thema den spöttischen Duktus des Stücks unterbrechen wird. Erzbischof Eder betonte, er wolle keine Zensur ausüben.

Auf die Frage, weshalb denn in letzter Zeit ausgerechnet die Katholische Kirche immer häufiger zur Zielscheibe von kabarettistischen Aufführungen wie der des Affronttheaters werde, meint Eder, daß sich die Katholische Kirche, zur Sexualmoral klarer äußere als andere. Außerdem ist es sehr leicht, eine große Organisation zu kritisieren.

Mittlerweile, so Eder, stehe die Freiheit der Kunst, die er selbstverständlich unterstütze, höher als jeder ethische Begriff.

Darf die Freiheit der Kunst überhaupt soweit gehen, daß sie gesell-schaftspolitsch heikle Themen ständig zum Gaudium für eine breite Masse zum Telos ihres Spottes macht? Hochstraate wollte sich zum „Affronttheater" nicht äußern, da er noch keine Aufführung gesehen habe. Da stellt sich doch die Frage, weiß denn der Intendant vielleicht gar nicht, was an seinem Theater gegeben wird?

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