Schuluniform - © Foto: cc Wikipedia

Bauchfrei-Debatte: Warum es eine Schuluniform braucht

19451960198020002020

Kleidet sich die Jugend zu freizügig? Ja, sagt Chancen-Redakteurin Manuela Tomic. Im aktuellen "Lass uns streiten" debattiert sie mit Politik-Redakteurin Brigitte Quint über die adäquate Jugendmode.

19451960198020002020

Kleidet sich die Jugend zu freizügig? Ja, sagt Chancen-Redakteurin Manuela Tomic. Im aktuellen "Lass uns streiten" debattiert sie mit Politik-Redakteurin Brigitte Quint über die adäquate Jugendmode.

Werbung
Werbung
Werbung

Eine Salzburger Schuldirektorin sorgte vergangene Woche für heftige Diskussionen. Eltern sollen mit ihren Töchtern über „angebrachte Kleidung“ im Schulunterricht sprechen. Sofort meldeten sich Gegenstimmen. Mädchen vorzuschreiben, was sie tragen sollen, sei auch Teil des patriarchalen Systems, das Frauen strukturell unterdrücke. Egal ob freizügig oder nicht: Im Attraktivitätswettbewerb, vor dem auch Burschen nicht gefeit sind, manifestieren sich ein Konsumzwang und ein Markenterror, die Schülerinnen und Schüler vom Unterricht ablenken. Dabei ginge es doch ganz anders. Denn die halbe Welt trägt Uniform.

So sind Schuluniformen in Latein- und Mittelamerika, in unzähligen asiatischen und afrikanischen Ländern, aber auch etwa in Großbritannien längst Usus. Und gerade in einer Demokratie, in der angeblich alle Menschen gleich sind und jede Stimme gleich viel zählt, sollte man junge Menschen ermutigen, sich unabhängig von ihrer sozialen Schicht mit allen anderen Mitschülern gleichwertig zu fühlen. Natürlich würde es auch mit Schuluniformen weiterhin Mobbing, Ausgrenzung und Gruppenbildung geben. Gerade Letzteres ist tief im menschlichen Sozialverhalten verankert und auch gewünscht.

Doch wenn sich niemand mit seinem Marken-T-Shirt und seiner – oder ihrer – teuren Jeans hervortun kann, herrscht zumindest in dieser Frage eine demokratische Gerechtigkeit, die im Sinne der maria-theresianischen Schulreform von 1774 sicherlich auch heute noch erwünscht ist. Die Sexualisierung junger (Frauen-)Körper und der damit verbundene vermeintliche Individualitätsdrang werden von der Fast-Fashion-Industrie und Sozialen Medien ordentlich vorangetrieben. Klar: Sie verdienen daran. Schuluniformen wären zwar kein Antibiotikum dagegen, aber eine wohltuende Salbe. Denn wo findet sich Individualisierung, wenn alle nach dem gleichen bauchfreien Top greifen? Jungen und vor allem auch Mädchen ist es zuzumuten, dass sie in der Zeit, in der die Schulbildung stattfindet, eine vorgeschriebene einheitliche Kleidung tragen. Zumindest in dieser Zeit sind sie von einem von patriarchalen Strukturen geprägten Konsumzwang befreit. Und auch das ist die Aufgabe des Staates.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung