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120 Jahre Wiener BOKU

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Die Universität für Bodenkultur (BOKU) ist innerhalb der letzten 15 Jahre aus einer kleinen SpezialHochschule zu einem ständig wachsenden Wissenschaftsunternehmen geworden. Die Vielfalt ihrer Fächerregt zu neuen Initiativen („Umweltrat", Plattform „Boden-Kultur-Landschaft") ebenso an wie zu neuen Kombinationen und Kooperationen etwa Technischer Umweltschutz, Agrarbiotechnologie, Abfallwirtschaft) und neuen Spezialbereichen, wie Kohlenhydratfor-schung, Sanierung von Ökosystemen und neuen Forschungsschwerpunkten (Genetik, Enzymforschung).

Die BOKU verlangt daher dringend die Reform des Uni-Rechts. Professionalität, Mobilität und Flexibilität sollen die neue Organisation kennzeichnen, denn das derzeitige Recht hindert oder hemmt Modernisierungen. Die stürmische Entwicklung der BOKU haben wir schon vor 15 Jahren vorausgesehen („BOKU-Zukunftsuniversi-tät"). Die Hochschulpolitik nicht.

Die Aufwertung der Natur hat alle Disziplinen, die sich mit ihrem

Nützen und Schützen beschäftigen, erfaßt. Umweltschutz hat weltweit Priorität. Die (Hochschul)Politik mußte das erst nachvollziehen. Daher befindet sich die BOKU in einer Phase der Wiedergutmachung. Sehr lange wurde sie vernachlässigt, ja benachteiligt. Wir haben aber immer auf Besserung gehofft. Die Jugend hat den Wandel vollzogen, die Studentenzahlen betrugen von 1872 bis 1972 durchschnittlich 660. Schon 1975 waren es 1.600, heuer erwarten wir 7.500 Hörer!

Daher sind die Aufbau-, Ausbau-, Sanierungs- und Reparaturarbeiten massiv voranzutreiben. Das macht einen Zuwachs von Personal und Sachmitteln unabdingbar. Es ist zu erwarten, daß die BOKU bei aller Sparsamkeit etwa im Jahr 2000 auf eine Milliarde Schilling an laufenden Kosten zusteuern wird. Trotzdem wird sie dann noch immer eine der kostengünstigsten Universitäten sein. Noch nie wurden an die BOKU so viele und so hohe Anforderungen gestellt wie heute. Der Druck wird durch die weltweiten Belastungen der Lebensgrundlagen ständig verstärkt. Die internationalen Verflechtungen bringen neue und wechselnde Aufgaben mit sich. Die Interriationalisierung der BOKU hat vehement eingesetzt.

Diese großen Veränderungen, die wachsenden Studentenzahlen, die Vermehrung der Aufgaben und die Bedeutungssteigerung bringen die BOKU auf die Suche nach einer neuen Identität. Wurden früher mit ihr nur Land- und Forstwirtschaft assoziiert, ist heute alles, was man unter „Biotechnik" und „Biotechnologie" versteht, zum Schwerpunkt geworden. Alle Aspekte, die man unter „Umweltkultur" subsumiert, sind dazugekommen. Die BOKU ist eine Universität der Lebensgrundlagen geworden Boden, Wasser, Luft, Tier- und Pflanzenwelt, Wald und Landschaft, alles, was der Mensch zum Leben braucht, ist ihr in Forschung und Lehre anvertraut. Die „Alma Mater viridis" ist auf der Suche nach einem neuen Leitbild.

Die stürmische Entwicklung der biologischen, ökologischen, naturwissenschaftlichen und technischen Fächer und der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften verlangt eine regulative Idee. Eine neue Idee der Universität ist zu diskutieren und in einer sich ständig erneuernden Gemeinschaft zu konstituieren. 120 Jahre BOKU sind ein Anlaß dazu.

Der Autor ist Rektor an der Universität für Bodenkultur in Wien.

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