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Abenteuer mit der „Oko-Bag"

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„Öko-Bag, bitte aufmachen" tönt es aus der Gegensprechanlage seit Getränkekartons eingesammelt werden.

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„Öko-Bag, bitte aufmachen" tönt es aus der Gegensprechanlage seit Getränkekartons eingesammelt werden.

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Bisher hat die Öko-Box GmbH, eine Tochtergesellschaft der heimischen Getränkekartonherstel-ler, die Einsammlung der Verpackungen per Post versucht. Seit der neuen Verpackungsverordnung muß sie aber ein flächendeckendes Sammelsystem für ihre Verpackungen gewährleisten. Die Idee, über Reklame Verteiler alle Haushalte zu erreichen und nebenbei auch noch Produktwerbung betreiben zu können, schien die Hersteller zu überzeugen. Mit Hilfe der Gesellschaft für Werbemittelverteilung wurde sofort mit ihrer Verwirklichung begonnen.

Ende September schaffte dann das Sammelsystem mit nur einer Stimme die Mehrheit in der österreichischen Verpackungskommission und damit die Hürde, um als flächendeckend anerkannt zu werden.

Seitdem häufen sich Reschwerden über Geruchsbelästigungen in Wohnhäusern und beim Öko-Bag -Service-Telefon laufen die Drähte heiß. Wen wundert's, daß dort nie-

mand zu erreichen ist. Öko-Bags wurden zwar zugestellt, aber keine Abholzeiten bekanntgegeben. Inzwischen finden sich die ersten vollen Öko-Bags wieder: auf der Straße, in Stiegenaufgängen, neben den Mülltonnen, im Altpapiercontainer.

Im neuen Zwischenlager für Getränkekartons in Peggau in der Steiermark sind bis heute noch keine gelandet. Die dort ansässige Entsorgerfirma „Zuser" weiß, daß „in manchen Haushalten gar keine Öko-Bags zugestellt und andere an die Post verwiesen" wurden, um dort ihr Öko-Bag abzuholen. Laut Plan sollen die vollen Öko-Bags bei Zuser gepreßt und ab einer bestimmten Menge an die Papierfabrik Mayr Meinhof in Frohnleiten weitergelei-

tet werden, wo die Papierfaser aus dem Karton herausgelöst und als Zwischenschicht für andere Lebensmittelkartons verwendet wird.

Küchenrollenpapier wird in Frohnleiten aus den Kartons nicht hergestellt. Die Ware muß allerdings sauber geliefert, das heißt im Haushalt ausgewaschen werden, fordern die Verwerter, die kein Interesse an einer eigenen Waschanlage für Getränkekartons zeigen.

Pro Getränkekarton werden zirka 30 Prozent unverwertbares Kunststoff-Aluminium-Gemisch in Frohnleiten deponiert. Das ist der Grund, warum bis Mitte nächsten Jahres dem Öko-Bag ein neutraler Name gegeben werden muß. „Öko" dürfe nur heißen, was wirklich lOOprozen-tig verwertbar sei. Bei Getränkekartons ist das aber nicht der Fall, urteilte die Verpackungskommission, in der Vertreter des Bundes, der Länder und der Kammern über die Vorgänge rund um die neue Verordnung entscheiden.

Beim letzten Zusammentreffen am 10. November stand wieder der Öko-Bag im Mittelpunkt der Diskussionen. Das Ergebnis: sobald die gel-

ben Tonnen der ARGEV für Kunststoffverpackungen flächendeckend zur Verfügung stehen, soll der Öko-Rag nur noch als Vorsammelbehälter im Haushalt benutzt und gefüllt, in die gelbe Tonne entsorgt werden.

Risher hat sich die Öko-Box GmbH geweigert, am ARGEV-Sam-melsystem teilzunehmen. Das läßt sich anhand der Entsorgungskosten leicht erklären. Während bei einer Teilnahme am Sammelsystem der ARGEV die Entsorgungskosten für einen Getränkekarton rund 45 Groschen ausmachen, will die Öko-Rox GmbH weiterhin mit zehn Groschen pro Stück ihr Sammelsystem finanzieren. Das ergibt bei einem Anfall von 800 Millionen Kartons jährlich einen Unterschied von 280 Millionen Schilling.

Rezüglich Preispolitik herrschen bei der Oko-Rox GmbH anscheinend eigene Gesetze: Immer noch wird die Öko-Rox im Lebensmittelhandel um zehn Schilling verkauft, auch

wenn die Verpackungsverordnung vorschreibt, alle Sammelsysteme für den Letztverbraucher kostenlos bereitzustellen.

Ein Fall für die Verpackungskommission? Kritiker empfehlen den Verbrauchern, von ihrem Recht Gebrauch zu machen und jene Verpackungen ins Geschäft zurückzutragen, für die kein Sammelbehälter zur Verfügung steht. Reim Umstieg auf Pfandflaschen erspart man sich gar die unnötige Arbeit für Auswaschen, Trocknen und Falten und zu alldem noch den Entsorgungsbeitrag. Reim Einfallsreichtum mancher notorischer Sammler ist das ein wichtiger Hinweis.' Schon wurden nämlich Getränkekartons auf Wäscheleinen gesichtet. Solche Euphorie ist aber selten anzutreffen. Immer öfter taucht dafür neben dem Aufkleber „Ritte keine Reklame" ein neuer auf: mit durchgestrichenem Öko-Rag und der Aufschrift „Ich muß draußen bleiben!"

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