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Aktuell, dekadent

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(Salzburger Festspiele, Kleines Festspielhaus; „Capriccio" von Richard Strauss) Immer wieder staunt man, wie Richard Strauss mitten im Zweiten Weltkrieg sein „Capriccio" schreiben konnte. Ein Werk über Kunsttheorien und die schönste aller Kunstwelten als Flucht aus der schrecklichen Reali- tät? Johannes Schaaf hat mit seiner 1985 entstandenen Inszenierung des „Konversationsstücks mit Musik" von Strauss und Clemens Krauss einen wichtigen Schritt getan: Er verlegt die Komödie um Liebe, Dichtung und Musik aus der Epo- che vor der Französischen Revolu- tion in die Zwischenkriegszeit, um etwa 1930. „Gegenwart", Aktuali- tät und die dekadente Herrlichkeit dieser Endzeit werden da plötzlich spürbar. Eine Gesellschaft maskiert sich und stellt zum letzten Mal in „lebenden Bildern" eine „heile Welt" dar. Ein brillanter Regieein- fall, der auch dank der luxuriösen Bühnenbilder Andreas Reinhardts immer wieder überrascht. In man- chen Momenten manövriert sich Schaaf damit aber auch in Zeit- Brüche, die das Stück in die Fiktion abrutschen lassen.

Horst Stein am Pult der Wiener Philharmoniker ist ein umsichtiger Führer durch eine der heikelsten Strauss-Partituren und für sein Ensemble ein behutsamer Beglei- ter. Präzise zeichnet er klare Linien und trifft die inneren Spannungen minuziös. Anna Tomowa-Sintow ist der bejubelte Star: eine Gräfin Madeleine von brillanter Künstlich- keit und funkelnder Artistik. Theo Adam imponiert als Persönlichkeit: ein Theaterdirektor La Roche zwi- schen Tradition und Aufbruch. Wolfgang Schöne (Graf), Eberhard Büchner (Flamand), Andreas Schmidt (Olivier) und Iris Vermil- lion (Clairon) ergeben ein flattern- des, turtelndes Künstlervolk, das sich um seine gräfliche Muse schart.

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