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Amerikas Linkskatholizismus am Ende

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Der amerikanische Linkskatholizismus ist fast am Ende und hat nahezu aufgehört zu existieren. Zu diesem Schluß kommt das amerikanische Nachrichtenmagazin „Newsweek“

Der Anfang dieses Endes begann mit dem Prozeß gegen die „Sieben von Harrisburg“, also jene Gruppe um den prominentesten „Linkspriester“ der USA, Philipp Berrigan. Ihnen wurde vorgeworfen, sie hätten Bombenattentate auf Regierungsgebäude in Washington und die Entführung des Sonderberaters, Henry Kissinger, geplant. Das Gericht fällte zwar einen Freispruch, „aber der einzig wirklich spürbare Effekt dieser Entscheidung und Gerichtsverhandlung war der nunmehr aktenkundig gewordene Hinweis darauf, wie klein und unbedeutend die katholische Linke in den USA eigentlich ist. Nun wird man aber überhaupt nicht mehr davon sprechen können, daß es so etwas wie organisierte Linkskatholiken in den USA gibt“,

Auch die Frage, ob es. vielleicht in der Zukunft wieder zu,.einer Sammlung der linksorientierten amerikanischen Katholiken kommen könnte, wird in dem Artikel eher pessimistisch beurteilt. Der Chefredakteur des „Worldview Magazine“, James Finn, glaubt auch den Beweis dafür in der Hand zu haben: „Die katholische Linke war eine in sich heterogene Gruppe, die nur eines gemeinsam hatte — die Opposition gegen den Vietnamkrieg. Aber irgendwann einmal geht auch dieser Krieg zu Ende — und er verliert jetzt schon an Bedeutung. Das führt ihren Zerfall herbei. Jeder der Linkskatholiken wird sich dann wieder der Verwirklichung seiner Ideen und Überzeugungen zuwenden.“

Viele der heimat- und organisationslos gewordenen Linkskatholiken wollen nun ihre Aktivität dem „Ca-tholic Worker Movement“ (Katholische Arbeiterbewegung) zur Verfügung stellen, die von Dorothy Day geführt wird. Immerhin hat auch der Priester Daniel Berrigan nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis (er war wegen der öffentlichen Verbrennung von Einberufungsbefehlen verurteilt worden) Kontakt mit der Katholischen Arbeiterbewegung gesucht und hält Meßfeier und Predigt im Hauptquartier der Organisation an der New Yorker East Side. Und das, obwohl Dorothy Day früher die Ber-rigan-Brüder scharf kritisiert hatte, weil sie auch bereit waren, um des Protestes willen Eigentum zu zerstören. Anderseits aber hat sie den Mut und die Antikriegsaktionen der Berrigans geschätzt.

„Wenn jemand geeignet ist, die katholischen Linken wieder aufzurütteln und dem Wort vom katholischen Radikalismus auch Wirklichkeit zu verleihen, dann kann das nur Dorothy Day sein“, meint James Forest, einer der prominenten Mitstreiter der Berrigan-Brüder. „Ihre Stärke ist es, eine nahtlose Verbindung zwischen katholischem Establishment und einer radikalen Analyse des amerikanischen Sozialsystems zustande gebracht zu haben.“

Die Zukunft wird weisen, ob die katholische Linke in den USA, die nunmehr gelähmt ist, sich unter dieser Erkenntnis auch wieder organisatorisch zusammenfindet.

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