7072898-1993_08_01.jpg
Digital In Arbeit

Angst vor den Russen

19451960198020002020

Vom Westen „tief enttäuscht” zeigte sich der lettische Außenminister, Georgs Andrejevs, im Gespräch mit der FURCHE. Dieser falle blind auf die russische Propaganda herein, die das Problem der russischen Minderheit in Lettland hochspiele.

19451960198020002020

Vom Westen „tief enttäuscht” zeigte sich der lettische Außenminister, Georgs Andrejevs, im Gespräch mit der FURCHE. Dieser falle blind auf die russische Propaganda herein, die das Problem der russischen Minderheit in Lettland hochspiele.

Werbung
Werbung
Werbung

In Lettland gebe es weder ein Minderheitenproblem noch Menschenrechtsverletzungen, versicherte Lettlands Außenminister Georgs Andrejevs. Anderslautende Meldungen beruhten auf falschen Informationen. Erst vor kurzem hatte sich das Europa-Parlament besorgt über die Lage der russischen Minderheit gezeigt, die einen Anteil von 34 Prozent an der lettischen Gesamtbevölkerung stellt.

Die Verursacher der Fehlinformationen sind für Andrejev die konservativen Kräfte in Moskau, die an einem „Komplott” arbeiten, Lettland erneut an Rußland anzuschließen, wenn nötig über einen demokratischen Umweg.

Anfang Juni werden in Lettland die ersten freien und demokratischen Wahlen stattfinden. Wahlberechtigt sind alle registrierten Letten über 18 Jahre. Auch Auslandsletten sind zugelassen. Drei Viertel der Bevölkerung Lettlands hätten inzwischen die lettische Staatsbürgerschaft erhalten, erklärte Andrejevs, und könnten somit an den Wahlen teilnehmen.

Ein Großteil der russischen Minderheit wird jedoch von den Wahlen ausgeschlossen bleiben. Der Grund dafür ist das restriktive Gesetz über die Verleihung der Staatsbürgerschaft. Lette kann demnach nur werden, wer vor 1940 in Lettland gelebt hat oder Nachfahre von Letten ist. Mitglieder anderer Nationalitäten müssen sich einem komplexen Verfahren unterwerfen. Man müsse die besondere Lage, in der sich Lettland befinde, sehen, meinte der lettische Außenminister. Noch immer seien russische Truppen in Lettland stationiert und ein Abzug nicht in Sicht. In den sieben größten Städten, die Hauptstadt Riga eingeschlossen, seien die Letten in der Minderheit. Deshalb könne nicht jeder die vollen Staatsbürgerrechte bekommen. Das sei aber eine Verletzung der Menschenrechte.

Und der Honorarkonsul Lettlands in Österreich, Gerhard Welley, sieht gar Parallelen zum Jahr 1938 heraufdämmern, falls Nicht-Letten zu einer parlamentarischen Mehrheit kämen. „Man wird dann vor der Welt sagen, die Letten haben den Anschluß an Rußland gewollt, wie es auch von Österreich behauptet wurde.”

Eine Deportation von Russen schließt der lettische Außenminister trotz aller Probleme aus: „Lettland hat kein Sibirien.” Zudem habe seine Heimat eine lange Tradition des friedlichen Zusammenlebens mit nationalen Minderheiten. „Mit richtigen Minderheiten, den Polen, Ukrainern, Weißrussen oder Juden haben wir keinerlei Schwierigkeiten.”

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung