7213014-1992_38_13.jpg
Digital In Arbeit

Aus der Fülle eines Dichterlebens

Werbung
Werbung
Werbung

Der Hamburger Literaturhistoriker Hans-Harald Mueller, der seit Jahren das Werk von Leo Perutz herausgibt, hat eine (erste) Monographie dieses bedeutenden, aber mehr als vier Jahrzehnte gänzlich vergessenen Dichters geschrieben.

Perutz wurde 1882 in Prag geboren, wuchs in Wien auf, war Versicherungsmathematiker, Soldat im Ersten Weltkrieg, bei der Brussilow-Offensive schwer verwundet worden, und kehrte nach dem Krieg in die literarischen Cafes Wiens und an seinen Schreibtisch zurück. Richard Beer-Hoffmann, Alfred Polgar, Alexander Lemet-Holenia, Egon Erwin Kisch waren enge Freunde, aber es gab auch Beziehungen zu deutschnationalen Schriftstellern wie Mirko Jelusich und Bruno Brehm. Als nach 1945 gegen beide ein Gerichtsverfahren eingeleitet wurde, gab Perutz für sie positive Gutachten ab, was ihm von seinen jüdischen Freunden zum Vorwurf gemacht wurde. Darauf entgegnete er, , sowohl Brehm als auch Jelusich hät-

ten sich ihm gegenüber auch in der Nazi-Zeit anständig verhalten.

1938 wanderte Perutz nach Palästina aus, bestritt seinen Lebensunterhalt bei einer Versicherungsfirma und schrieb, wenn auch langsamer, weiter. An der Staatsgründung Israels begeisterte er sich viel weniger als seine Mitbürger, da er Haß und Blutvergießen vorausahnte, und aus Mitteleuropa wußte, was das bedeutete. Ende der 40er Jahre erwarb Perutz die österreichische Staatsbürgerschaft, wollte jedoch nicht mehr zurückkehren. Er lebte weiter in Tel Aviv, kam allerdings jährlich auf einen längeren Urlaub nach Bad Ischl, wo er auch 1957 starb.

Die Monographie Muellers erklärt viel Unbekanntes und Rätselhaftes aus dem Leben und Schaffen des Dichters, der große Erfolge und bittere Niederlagen kennenlemen mußte.

LEO PERUTZ. Von Hans-Harald Mueller. C. H. Beck Verlag, München 1992. 138 Seiten, 138,80.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung