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Es war natürlich eine große Ehre für mich, daß ich auf der Frankfurter Buchmesse an einer Podiumsdiskussion mit der österreichischen Unterrichtsministerin teilnehmen durfte. Als ehemaliger Österreich-Korrespondent, bayerischer Buchautor und deutscher Buchbesitzer durfte ich im Dienste der österreichischen Literatur-Förderung die klassische Rolle der Bayern als Dolmetscher zwischen zwei verwandten Kulturen spielen.

Was habe ich mich in Frankfurt bemüht, Österreich wieder einmal zu loben und zu preisen und der Kulturministerin zu huldigen für die späte, aber anhaltend gute Idee, auch österreichische Literatur zu fördern! Nur ganz bescheiden habe ich der Hoffnung Ausdruck verliehen, daß dabei nicht nur Verlage mit unverkäuflichen Büchern subventioniert oder phantasielose Verleger staatlich gemästet werden sollten. Vom Tische der Sub-ventions-Verprasser sollten halt auch ein paar Brosamen oder gar ganze Schillinge zu armen Dichtern und Schreibern auf den Boden fallen.

Die Österreicher hätten ihr durchaus sehenswertes Modell der Verlags-Förderung - insbesondere für Buchwerbung und Präsentation im deutschsprachigen Ausland - entsprechend herausstreichen können, um dem deutschen Publikum den Mund wässerig zu machen auf das frische rot-weiß-rote Dichterfleisch, das da bald auf den Tisch kommen wird. Stattdessen haben sie sich erst einmal untereinander alles so zerredet und mit internen Ballaststoffen angereichert, daß den Deutschen der Appetitverging.

Nationale Masochisten, wie die Österreicher nun mal groß-teils sind, haben sie jedoch zur Selbstverstümmelung auch noch deutsche Hilfe angefordert. Der Frankfurter Kultur-Dezernent Cohn-Bendit, bekannter links-grün marmorierter Selbstdarsteller, kam eine halbe Stunde später, hatte dafür keine Zeile des österreichischen Förderungs-Modells gelesen und unbeleckt von jeder Ahnung konnte er dafür umso publikumswirksamer die gesamte Idee in der Luft zerreißen und in den Papierkorb der Literaturgeschichte werfen. Tapferkeitsmedaille für die geduldige Frau Hawlicek!

Das Widerliche an Cohn-Bendit war, daß er auch noch in manchem recht hatte, etwa in seinem Mißtrauen gegen Schriftstellerverbände und Autoren-Vereinigungen. Aber der Gipfel der Veranstaltung war dann, daß ein Wiener Buchhändler Cohn-Bendit begeistert beisprang und argumentierte, ein wahres Genie setze sich auch ohne Förderung durch.

Dazu konnte ich nur noch sagen, daß es zwar für die Literaturgeschichte wenig, aber für den Autor sehr viel ausmacht, ob sein Genie 30 Jahre vor oder nach seinem Tod erkannt wird.

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