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Bischof kontra Regime

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Willy Romelus, Bischof der haitianischen Hafenstadt J6remie, nimmt sich in seinen Predigten kein Blatt vor den Mund. Er prangert die Korruption, die Terrorakte und die Menschenrechtsverletzungen der Machthaber Haitis mit einer Deutlichkeit wie kein zweiter Bischof des Landes an. Die Folgen seines mutigen Engagements für die Menschen Haitis werden für Romelus immer bedrohlicher. Ende Februar schlugen bewaffnete Männer den Bischof vor der Kathedrale von Port-au-Prince brutal nieder, anwesende Sicherheitskräfte sahen der Attacke tatenlos zu. Für Romelus steht fest, daß Hilfskräfte der Polizei den Angriff verübten. Schon längere Zeit ist der beim Volk sehr beliebte Bischof Opfer von Einschüchterungen und Morddrohungen.

Da das Leben des Bischofs in akuter Gefahr ist, haben die Päpstlichen Missionswerke eine Brief-und Unterschriftenaktion für Romelus organisiert. Sie fordern die haitianische Regierung auf, für die Sicherheit von Bischof Romelus zu sorgen und die Menschenrechte in Haiti einzuhalten.

Vor dem jüngsten Angriff hatte Rom61us in einem Trauergottesdienst für die Opfer der Fährkatastrophe von Mitte Februar die Regierung für das Unglück verantwortlich gemacht. Die vom Militär eingesetzten Machthaber kümmerten sich überhaupt nicht um die Menschen des Landes, sie folgten nur ihren eigenen Interessen und kauften Panzerfahrzeuge, um sie in den Straßen auffahren zu lassen. Die Messe, an der über 2.000 Menschen teilnahmen, entwickelte sich zu einer Protestveranstaltung gegen die Regierung. Viele der Anwesenden forderten in Sprechchören die Rückkehr des demokratisch gewählten, aber 1991 vom Militär gestürzten Präsidenten Jean-Bertrand Aristide.

Seit dem Sturz Aristides stehen in Haiti wie in den Zeiten der Duvalier-Diktatur staatlich angeordnete Morde, Folterungen und völlig willkürliche Verhaftungen an der Tagesordnung. Die Haitianer leben in ständiger Angst vor dem Terror der Behörden und vor allem der Militärs.

Mit seiner gesellschaftspolitischen Linie und seiner klaren Kritik am Regime ist Willy Romelus eine Ausnahme unter den haitianischen Bischöfen, die zur politischen Situation in Haiti durchwegs schweigen. Ihre Zurückhaltung wird vom Volk als stillschweigendes Einverständnis mit den Macht-habern gedeutet - eine Position, die offenbar auch der Vatikan teilt: Lorenzo Baldisseri, Apostolischer Nuntius auf der Karibikinsel, machte als einziger Diplomat dem derzeitigen Regierungschef Marc Bazin bei dessen Amtsantritt seine Aufwartung.

Die Päpstlichen Missionswerke bitten, Briefvorschläge mit Unterschriftenlisten sofort anzufordern und bis 5. April zurückzusenden an : Päpstliche Missionswerke, Seilerstätte 12, 1010 Wien.

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