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Brodas zweite Fristenlösung

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Mit Justizminister Dr. Broda ist gut reden, das schließt aber keineswegs aus, daß dem guten Gespräch die ungute Tat folgt. Da hat der Konsensminister in einem langen Gespräch mit dem Katholi-

sehen Familienverband versichert, daß ihm die automatische Scheidung nach einer bestimmten Frist der Zerrüttung einer Ehe keineswegs eine zwingende Forderung sei; nein, er habe Vertrauen zur Redlichkeit und Fähigkeit der Justiz, die Gründe für und gegen die

Berechtigung und Notwendigkeit einer Scheidung gewissenhaft abzuwägen. So das Gespräch. Und dann kehrt im „Konsens“-Entwurf die Scheidungsautomatik ungeniert zurück, nur mit einer Fallfrist

von sechs statt wie bisher von fünf Jahren.

Will man Broda nicht Unredlichkeit bei den Verhandlungen mit der katholischen Seite unterstehen, muß man annehmen, daß er sich gegenüber den Anhängern der Ehe auf Zeit in seiner Partei nicht

durchsetzen kann. Niemand hat vom Staat verlangt, daß er die katholische Auffassung von der grundsätzlichen Unauflösbarkeit der Ehe zwangsweise durchsetzt, wohl aber, daß er nicht die Bewußtseinsbildung der Bürger in der Richtung fördert, daß die Scheidung als übliches Mittel zur Lösung von Ehekonflikten mißverstanden wird. Welchen Stellenwert hat noch die Floskel in der Regierungsvorlage, daß „über das Scheidungsbegehren unter Würdigung des Wesens der Ehe“ zu entscheiden ist, wenn nach Ablauf der Fallfrist die Scheidungsautomatik in Kraft tritt? Eine Fristenlösung Nummer 2 ist in Sicht.

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