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Der Gefangene des Mahdi

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Ein Gäßchen in Ober St. Veit trägt noch seinen Namen, aber wohl auch von den Anwohnern wissen nicht viele, wer er war: Rudolf Slatin, Abenteurer, Gefangener des Mahdi, dank seiner spektakulären Flucht Salonheld in London und schließlich Repräsentant des Roten Kreuzes und Mitglied der Friedensdelegation in St. Germain.

Um seine Person, schillernd genug für einen Roman, rankt sich die Geschichte des Nahen Orients im ausgehenden 19. Jahrhundert, die schwindende Macht des Oberherrn in Konstantinopel, die ebenso die Begehrlichkeit der einheimischen Khedive von Ägypten erregt wie jene der Großmächte, ihre Kolonialreiche im Norden Afrikas auszubauen.

Da wird an Hand der Geschichte deutlich, was islamischer Fundamentalismus schon vor mehr als hundert Jahren bedeutete, wie siegreiche Revolutionsführer an ihrer eigenen Lust zugrundegingen, wie aufgehetzte Massen zu unvorstellbarer Grausamkeit neigen. Der Leser denkt mit Rabbi ben Akkiba: Alles schon dagewesen!

Und dazwischen der Wiener, Sohn jüdischer Zuwanderer aus Böhmen, der vor Abschluß der Handelsakademie nach Ägypten ausbricht, später nach Ableistung des Freiwilligenjah-res als Leutnant der Reserve vom Generalgouverneur des Ägyptischen Sudan, dem Briten Görden, rasch in Führungspositionen gesetzt wird, dann mit dem Sieg des Fundamentalistenführers Mohammed Achmed und nach dem Tod Gordons elf Jahre in der Gefangenschaft der Derwische verbringt, nur bestrebt zu überleben, auch unter Aufgabe jeden persönlichen Stolzes - es hat sich für ihn gelohnt.

SLATIN PASCHA. Zwischen Wüstensand und Königskronen. Von Hartwig A. Vogelsberger. Styria Verlag, Graz/Wien/Köln 1992. 339 Seiten, öS 298,-.

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