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Die Bruderschaft St. Hermagoras

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In den Osterfeiertagen 1851 lud der damals in St. Andrä residierende Fürstbischof Anton Martin Slomsek Stadtpfarrkaplan Andrej Einspieler und den Spiritual des Priesterseminars in Klagenfurt Franjo Zorcic in seine Residenz ein. Die Gründung wurde besprochen und beschlossen. Am 27. Juli 1851 wurde das Ansuchen bei den Behörden eingereicht. 1852 wurde die Gründung des Hermagorasvereines zur Herausgabe guter slowenischer Bücher behördlich genehmigt. Der Verein erreichte 1854 978 Mitglieder, erfreute sich aber nicht der Gunst der intellektuellen Kreise von Laibach. Schon 1860 war man daran, die Tätigkeit einzustellen.

Am 5. Juni 1860 teilte Fürstbischof Dr. Valentin Wiery von Gurk in einem eigenen Hirtenbrief seinen Gläubigen mit, daß der St.-Hermagoras-Verein in eine kirchliche Bruderschaft umgewandelt wurde und daß Papst Pius IX. mit Schreiben vom 18. Mai 1860 die St.-Hermagoras-Bruderschaft bestätigt und mit Ablässen versehen hat. Seit dieser Zeit ging es ständig aufwärts und 1918 erreichte die Bruderschaft den höchsten Mitgliederstand von 90.512. Klagenfurt war Mittelpunkt der slowenischen Verlagstätigkeit.

Die St.-Hermagoras-Bruderschaft ist eine kirchliche Bruderschaft im Sinne des Canon 707 des Kirchlichen Gesetzbuches und hat den Charakter einer frommen Vereinigung der Gläubigen. Der jeweilige Gurker Bischof ist der Protektor der Bruderschaft und hat die im Canon 715 festgelegten Rechte. Das Ziel der Bruderschaft ist, die Erziehung des slowenischen Volkes im Geiste katholisch-kultureller Grundsätze, seine Weiterbildung und die Erhaltung des katholischen Glaubens. Dieses Ziel sucht die Bruderschaft zu erreichen durch Herausgabe • schöngeistiger und allgemeinbildender Bücher sowie periodischer Zeitschriften, durch Errichtung von Volksbibliotheken, durch Bildungsvorträge und kulturelle Veranstaltungen, durch Förderung des Schulwesens und der Erziehung der studierenden Jugend.

Das Wirken der Hermagoras ist auch heute noch nach jeder Richtung hin völlig unabhängig. Sie geht aus eigener Kraft ihren eigenen statutenmäßig festgelegten Weg.

Wem gehört

die Bruderschaft?

Der Bruderschaft ist es gelungen, seit dem Jahre 1947 ihr Eigentum und ihren Grundbesitz in Klagenfurt zu sichern und zu vergrößern. Der § 4 der Statuten besagt: Zur Erreichung ihres Zieles besitzt die Bruderschaft Hausbesitz, führt eine eigene Druckerei, einen Verlag, eine Buchhandlung und andere wirtschaftliche Unternehmungen. Die Erträge dieser Unternehmungen dürfen ausschließlich nur den statutenmäßigen Zielen der Bruderschaft dienen. Im Falle einer Auflösung der Bruderschaft muß der Gurker Bischof das Vermögen nach den Beschlüssen einer außerordentlichen Vollversammlung den statutenmäßigen Zielen der Bruderschaft zuführen. Das Vermögen der Bruderschaft ist sowohl, was die Ausschließlichkeit, als auch, was die Nachhaltigkeit betrifft, Eigentum der slowenischen Volksgruppe in Kärnten.

Unter dem Schlagwort „Volkseigentum“ wurde mit Erlaß der Staatspolizei in Klagenfurt vom 25. Juli 1940, ZI. II B 642/40, das Vermögen der Bruderschaft beschlagnahmt und die Bruderschaft aufgelöst. Auf Grund eines weiteren Erlasses der gleichen Stelle vom 25. Jänner 1943, ZI. III 576/38, wurde mit Datum vom 22. März 1943 - 714 das „Deutsche Reich, Reichsminister für Finanzen“ grundbücherlicher Eigentümer.

Im Monat Mai 1945 besetzten die

Partisanen den Hermagorashof am Viktringer Ring und die englische Besatzungsmacht. Den unermüdlichen Bemühungen des damaligen Obmannes Prälat Valentin Podgorc ist es zu danken, daß mit Rückstellungsbescheid vom 23. September 1947, ZI. 63/169-111/47, die Rückgabe des Vermögens erfolgte, und mit 8. Dezember 1947 scheint die Bruderschaft wieder als grundbücherlicher Eigentümer ihres gesamten Vermögens auf.

Im November 1947 nahm die Bruderschaft ihre Verlagstätigkeit wieder auf. Im Oktober und Dezember des gleichen Jahres erschienen Vertreter der Behörden aus Laibach und Celje, später auch ein von ihnen beauftragter österreichischer Advokat aus Wien. Sie verlangten die Einstellung der Tätigkeit der Bruderschaft in Klagenfurt sowie die Ubergabe des Vermögens an das Volk. Argument: Es handle sich beim Vermögen der Hermagoras um ein Volksvermögen und die Vertreter des Volkes seien sie. Gefertigter antwortete: Das Vermögen der Hermagoras ist zweifellos Vermögen des slowenischen Volkes in Kärnten. Es wird aber von einem statutenmäßig gewählten Ausschuß verwaltet. Ihnen selbst kämen keinerlei Verwaltungsbefugnisse, Aufsichts- und Eigentumsrechte zu. Gefertigter wurde daraufhin als Volksverräter abgeurteilt.

Als in späteren Jahren die Bundesregierung daranging, verschiedenen Kulturvereinen der Kärntner Slowenen einen gewissen Teil der nachgewiesenen Schäden zu vergüten, hat man auch von der Hermagoras Unterlagen verlangt. Die Schadensmeldung wurde behördlich geprüft und es wurden Schäden anerkannt (Bibliotheken, Druckereimaschinen usw.). Die versprochene Entschädigung erhielt die

Bruderschaft bis heute nicht. . _

Das reiche Verlagsprogramm

Eine Bibliographie über die Verlagstätigkeit seit der Wiederbelebung 1947 besteht nicht. Im Verlag erschienen: Die jährlichen Büchergaben an die Mitglieder mit einer Gesamtauflage von über 700.000 in 30 Jahren, das vollständige Römische Meßbuch (5000), zwei Auflagen vom Sonntagsmeßbuch (10.000), Gebetbuch in Großdruck (5000), die Nachfolge Christi (5000), Heilige Schrift des Neuen Testaments, Taschenformat (10.000), Familienbibel in Großdruck und Großformat (6000), sämtliche Schulbücher für den Religionsunterricht in slowenischer Sprache an den zweisprachigen Pflichtschulen, Schulbücher für das Bundesgymnasium für Slowenen, das Leben Jesu von Ricciotti, Romane, Erzählungen, Gedichte, Monatsschrift „Druzina in dorn“, eine Menge von Kleinschriften, Lebensbeschreibungen der Bi-

schöfe Anton Martin Slomsek, Jeglic“ Anton Bonaventura, Bischof Dr. Roz-mann Gregor, Lebensbeschreibungen moderner Heiliger, Schriften über Fragen der Familienseelsorge, Erziehung und Jugendseelsorge, Bilderbücher für Kinder.

Der Mitgliederstand der Bruderschaft betrug im Jahre 1918 in den damaligen Pfarren Kärntens 6036, 1919 4574 und fiel dann ständig bis auf 1900 im Jahre 1936. In der Zeit zwischen 1920 und 1937 wurden die Bücher von Celje (Cilli) bezogen. 1947 nahm die Bruderschaft in Klagenfurt ihre Tätigkeit wieder auf und erreichte in Kärnten einen Mitgliederstand von 4048. Dieser Stand hält sich beständig. Über 4000 im Jahre 1976. Die Bruderschaft ist die einzige kulturelle Organisation der slowenischen Volksgruppe, die ihren Mitgliederstand seit 1948 halten kann. Dazu kommen die Mitglieder aus den verschiedenen Staaten Europas (820 im Jahre 1976) und aus den Ländern der Ubersee (2207/1976).

Organisatorisch wird die Arbeit der Bruderschaft von Priestern und zahlreichen katholischen Laien getragen. Ihr Einsatz und ihre Arbeit sind ehrenamtlich.

Ein großer Einfluß

in der Jugenderziehung

Die St.-Hermagoras-Bruderschaft führt ein Mittelschülerinnenheim in Klagenfurt, 10,-Oktober-Straße 25, und ein Mittelschülerheim in Klagenfurt, Rudolfsbahngürtel (Marianum). In beiden Heimen wohnen 220 Mittelschüler und Mittelschülerinnen sowie Besucher der Pädagogischen Akademie und der Universität Klagenfurt.

Die Führung der Schülerheime ist für die Bruderschaft dieigrößte finanzielle Sorge, zumal die Subvention des Landes 1977 nur 20.000 Schilling und in den früheren Jahren 10.000 Schilling betrug.

In Wien besitzt die Bruderschaft ein Hochschülerheim „Korotan“, Albört-gasse 48, erbaut 1967.

Die Bruderschaft führt die Schülerheime seit dem Jahre 1954, also bald 25 Jahre. Uber die Erziehung der studierenden Jugend geht und ging ihr Einfluß hinein in sehr viele slowenische Familien. Der größere Teil der jungen slowenischen Intelligenz ist 'durch die Heime der Bruderschaft gegangen. Es gereicht der Leitung der Bruderschaft und den Erziehern zur Freude, wenn sowohl die kirchlichen als auch die staatlichen Stellen die Erziehung und den Geist in unseren Heimen wiederholt lobend würdigten. Gerade durch die Führung der Heime will die Bruderschaft ihren Beitrag zur Bewältigung der so vielfältigen Probleme im Lande leisten, ganz im Geiste ihrer bereits über 125jährigen Geschichte.

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