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Die neue Szene

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FURCHE: Mischen neuere Sekten nicht gerne Lehren aus verschiedenen Religionen?

FRIEDERIKE VALENTIN: Ja, der synkretistische Typ ist gerade heute häufig: zum Beispiel die Vereinigungskirche, die einerseits viele Bibelzitate verwendet, andererseits aber stark von magischen Elementen aus dem koreanischen Bereich geprägt ist.

FURCHE: Erwarten alle Gruppen totale Gefolgschaft?

VALENTIN: Es gibt her-kömmliche Gruppen (Zeugen Jehovas), wo eine Doppelmit-gliedschaft untragbar wäre. Bei anderen - das beginnt bei der Vereinigungskirche über die Guru-Bewegungen, Psycho-Kulte, New Age und ähnliches - ist sie gängig.

FURCHE: Läßt sich New Age als Sekte bezeichnen?

VALENTIN: Man könnte es weltanschauliche Strömung nennen, die sich möglicherweise einerseits auflöst, anderseits "versektet", indem Leute aus der New-Age-Szene zu bestimmten Gurus tendieren, die schon etablierte Organisationen haben. Stichwort Doppel-mitgliedschaft: In einer Sendung über Scientology fiel einmal der Satz: "Ich bin aktiver Katholik und Scientologe."

FURCHE: Wo ist "Scientology" einzuordnen?

VALENTIN: Es ist eine Ver-bindung aus östlichen religiösen Elementen - die Rein-karnation spielt eine große Rolle - mit westlicher Psychologie. Die kultischen Elemente, die in Sekten doch Bedeutung haben, sind hier nur sehr marginal vorhanden.

FURCHE: Das meint wohl der katholische Theologe Johann' Baptist Metz mit der Formel "Religion ja, Gott nein"?

VALENTIN: Mir hat dieser Satz äußerst gut gefallen weil er das Problem zeigt, wie weit Religion überhaupt ernstgenommen wird. In dieser neuen Szene ist doch sehr stark die Beliebigkeit, die Auswahlhaltung auch im "Spirituellen" gegeben, wo dann die eigentliche Bedeutung von Transzendenz gar nicht mehr so durchkommt.

Das Gespräch führte Heiner Boberski.

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