Wer daran glaubt, daß der wirkliche Fortschritt der Menschheit nur im Geistigen zu vollziehen ist, wird jede Möglichkeit, geistige Güter zu verbreiten, begrüßen. Volksbildung und Volkshochschulen werden ihm ein echtes Anliegen sein. Mit Freude wird er hören, wie sich die Einrichtungen der Erwachsenenbildung immer weiter ausbreiten und dem Menschen selbst in den entferntesten Orten helfen, seine Freizeit in einer neuen, sinnvollen Weise zu gestalten.
In dem Maß aber, wie die Volksbildung sich ausbreitet und immer größere Kreise anspricht, wird sie auch zum Machtfairtor. Der subtile Kampf um das Ruder hat längst begonnen. Es fällt auf, daß in den Bundesländern derzeit viel von einer „Lebenshilfe“ der Volkshochschulen gesprochen wird. Bei 'einigen Herbsttagungen wurde die „Lebenshilfe“ direkt gefordert. Die Volks- bildner verstehen darunter die Vermittlung einer Weltanschauung durch die Volkshochschule.
Die Grenze, die hier geboten ist, klar zu definieren, ist schwer. Selbstverständlich muß man einer Volkshochschule mehr als nur bloße Wissensvermittlung zugestehen. Aber ebenso selbstverständlich muß man erwarten, daß die Volkshochschule die im Zusammenhang mit ihrer Bildungstätigkeit auftauchenden heikelsten Weltanschauungsfragen an
die richtige Adresse verweist: an das konfessionelle Bildungswerk und an die Religion. Für den Auf- kläricht alten Stils ißt in einer modernen Volksbildung kein Platz mehr. Ebensowenig aber auch für die Buddhistische Gesellschaft, die Anthroposophie oder die Bahais. Die staatlichen Mittel für die Volksbil
dung wären dafür falsch verwendet!
Nach dem Studienförderungsgesetz wäre ein Volkebildungsgesetz, das diese Fragen einmal verbindlich regelt, dringend nötig. Sonst könnte es sein, daß die Volksbildung eines Tages zu einem der heißen Eisen in den Beziehungen von Kirche und Staat wird.
