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Egon Wellesz

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Eine Gedenktafel für Egon Wellesz wurde dieser Tage an seinem Wiener Wohnhaus an- gebracht. Ihre feierliche Ent- hüllung am Haus in der Kaas- grabengasse, das der 1974 ver- storbene weltberühmten öster- reichischen Komponist viele Jahre hindurch bewohnte, fand exakt am 105. Geburtstag des Verewigten am 21. Oktober statt und war für seine Vereh- rer und für die katholisch- österreichische Landsmann- schaft Maximiiiana, deren Eh- renmitglied Wellesz vor 1938 war, ein Anlaß, eine bedeuten- de Persönlichkeit des österrei- chischen Geisteslebens einer weiteren Öffentlichkeit in Er- innerung zu rufen und zu eh- ren.

Wellesz war nicht nur ein Komponist und als solcher in fast allen Genres dieser Kunst produktiv, er war auch ein Musikwissenschaftler von Graden und hatte in seinem Leben und Schaffen auch Affi- nitäten und Verbindungen mit der Literatur und der darstel- lenden Kunst.

Er selbst lebte mit seiner Familie in einem nach seinen Vorstellungen von Josef Hoff- mann erbauten Haus inmitten einer Künstlersiedlung, die heute noch Zeugnis vom Wal- ten großer Menschen und eines blühenden Geisteslebens ab- legt.

Egon Wellesz ist ein Beispiel dafür, welcher Aderlaß Öster- reich 1938 durch die Vertrei- bung jüdischer Mitbürger an- getan wurde. Nicht alle Emi- granten hatten, wie Egon Wel- lesz, der schon vor 1938 akade- misch in Oxford verankert war und in England willkommen geheißen wurde, das Glück, ihren Verfolgern zu entrinnen oder in der neuen Heimat, die vielfach eine Fremde war und blieb, in ihrem vertrauten Metier Fuß fassen zu können. Von diesen wenigen Glückli- chen sind wiederum nur weni- ge nach Österreich zurückge- holt worden oder zurückge- kommen.

Das geistige und künstleri- sche Leben der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg und der Zwi- schenkriegszeit verdankt Per- sönlichkeiten jüdischer Her- kunft viel.

Die meisten von ihnen assi- milierten sich in ihrer Umge- bung und gar manche von ih- nen, wie Gustav Mahler und Egon Wellesz, fanden auch den Weg zu Christus und zur ka- tholischen Kirche.

Doch alle Leistungen und Anstrengungen galten ange- sichts einer grausamen Rassen- gesetzgebung, für die das Blut der oberste Wert war, nichts.

Die Erinnerung an große Österreicher, deren Werk den Ungeist des Dritten Reiches überdauert hat, obwohl dieses es zum Untergang verurteilen wollte, soll auch für uns Le- bende ein Vermächtnis sein, es nie wieder so weit kommen zu lassen, daß Menschen wegen ihrer Abstammung diskrimi- niert werden und Werte des Geistes der Gewalt weichen müssen.

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