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Einfache Antworten sind sehr attraktiv

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Wladimir Wolfowitsch Schirinowski (47) schockt die Welt. Die Russen hoffen auf Normalisierung.

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Wladimir Wolfowitsch Schirinowski (47) schockt die Welt. Die Russen hoffen auf Normalisierung.

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Es waren die „primitiven, leicht faßlichen Antworten auf alle Fragen, die die Russen gegenwärtig bewegen”, die zum Erfolg, „nicht zum Sieg”, der Liberaldemokratischen Partei des Nationalpopulisten Schirinowski beigetragen haben. Mit diesen Worten kommentiert Alexander Khmelnitsky, Berater des Apostolischen Administrators in Moskau, des Erz-bischofs Kondrusiewicz, das hervorragende Abschneiden des als faschistisch eingestuften Schirinowski (23,51 Prozent bei der Listenwahl, gegenüber 14,83 von Gaidars „Rußlands Wahl”). „Die Menschen hier leiden am Wandel. Desorientiert und konfus, wie sie jetzt sind, geht es ihnen in erster Linie um für Rußland attraktive Perspektiven.” Trotzdem ist Khmelnitsky optimistisch für 1994 und hofft, daß sich das Leben in Rußland normalisieren wird. Die katholische Kirche, die er mitrepräsentiert, stellt keine politisch relevante Größe dar: „Sie hat keine Stimme, um ihre Meinung kundzutun.” Die orthodoxe Kirche unterstützte offiziell die Jelzin-Verfassung, obschon sie bei den Wahlen keine große Rolle spielte. „Natürlich”, so Khmelnitsky, „gibt es da Priester, die in die rechte Szene involviert sind, aber das ist nicht die Kirche.”

Der Verlagsleiter der Moskauer Zeitschrift „Leben und Glauben” (katholisch dominiert, ökumenisch, der Intelli-

?;enz zugewandt), Wladimir ulikow, setzt ganz auf die „Macht Jelzins”, die dem Präsidenten nun durch Annahme der Verfassung gewährt sei. „Das Parlament hat nur gesetzgebende Rechte. Und traditionsgemäß findet in Rußland die Legislative keine AnerkeH-nung, nur die ausführenden Organe können auf Achtung bauen. Und die Exekutive befindet sich voll in Jelzins Händen.”

Der Präsident sei ein kluger Politiker, der nach wie vor die Unterstützung des Volkes genieße, betont Juli-kow. „Trotz der tragischen Ereignisse im Weißen Haus ist es zu keiner Spaltung der russischen Gesellschaft gekommen.” Schirinowski ist in Julikows Augen ein „sehr energischer Demagoge, eine Marionette der nationalistischen Kräfte.” Um Schirinowski, so Julikow, beginnen sich nun „alle schwarzen Kräfte zu versammeln.”

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