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Einführung in die Eiologie

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Wir wollen, wie die alten Römer zu sagen pflegten, ab ovo anfangen, das heißt buchstäblich „vom Ei" und bedeutet von Anfang an. Somit sind wir bei dem alten Problem, was war früher da - das Ei oder das Huhn.

Eiologisch gesehen ist das überhaupt kein Problem. Die Materialisten unter den Eiologen wissen, daß so ziemlich alles Leben aus dem Ei kommt. Die idealistischen Eiologen dagegen, die von der biblischer) Schöpfungsgeschichte ausgehen, würden es nicht wagen, den Allmächtigen zu verdächtigen, daß Er sich mit der Schöpfung eines Huhnes aufgehalten hätte, wo Er doch Eier schaffen konnte, die viel billiger in der Produktion sind und eine vollkommene Form besitzen. (Man bedenke, wie schrecklich das Leben der Hühner wäre, hätten die Eier zum Beispiel die Form eines Würfels - darauf hat schon ein polnischer Dichter aufmerksam gemacht).

Außerdem schon die alten Römer,die alles ab ovo gründlich untersuchten, wußten, daß das Ei früher da war -sonst hätten sie eben den Anfang beim Huhn festgelegt.

Wie man sieht, kann man jedes Problem leicht lösen, wenn man die richtige wissenschaftliche Methode anwendet. Die richtige Methode ist eben das Ei des Kolumbus. Um Mißverständnisse auszuräumen, muß man daran erinnern, daß es sich damals selbstverständlich um ein Hühnerei handelte. Als man bei einem Gelage Kolumbus sagte, daß seine Entdeckung naheliegend waren und jeder sie hätte machen können, bat er die Herren zu versuchen, auf einem glatten Tisch ein Ei aufrecht zu stellen. Niemand schaffte es - Kolumbus aber drückte die Spitze ein, und das Ei stand. Das hätten die anderen auch tun können, er aber hat es getan. Gewußt wie.

Das Ei spielte seit jeher eine große Rolle als Symbol des Urlebens. In vielen Mythen entstand die Welt aus einem Ei, Götter schlüpften aus Eiern undsoweiter. Meines Erachtens ist es auch ein Symbol der Zukunft der Menschheit, denn die Revolutionäre und die Genetiker versuchen - auf gesonderten Wegen - eine Gesellschaft zu schaffen, in der die Menschen einander wie ein Ei dem anderen gleichen werden. Diese Zukunft begann schon in den Käfigen der Massenproduktion -für Hühner und für Menschen ...

Man soll nicht unbedingt die Vorstellung des Eis mit der unreifen Jugend verbinden. Der Volksmund klagt darüber, daß das Ei klüger sein will als die Henne. Dies ist ärgerlich, aber vorübergehend. Jedes gesunde Ei entwickelt sich mal zum Huhn oder Hahn. Und die nicht befruchteten, die sich nicht entwickeln, werden zu faulen Eiern, die immer noch Verwendung im politischen Leben finden.

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