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Es lebe die Erzählung

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„Die Wiederholung“ von Peter Handke praktiziert eine Theorie des Erzählens: Die Niederschrift wird zur sprachlich vertieften „Wiederholung“, fünfundzwanzig Jahre nachher, einer Suche, die der zwanzigjährige Maturant Filip Kobal, Häuslersohn aus Südkärnten, einst nach Jugoslawien unternommen hatte. Es ging um Gregor, den verlorenen älteren Bruder. „Dennoch ist der Karst, zusammen mit dem verschollenen Bruder, der Beweggrund dieser Erzählung.“

Auf der Kammlinie beider Länder „stellte sich der Vater einmal gegrätscht auf, einen Fuß hier, den anderen dort“ und erklärte, der Name Kobal bedeute „nicht der Breitbeinige, sondern die Grenznatur“.

Alles, was der junge Mann damals in der schier heimatlichen Fremde erlebt hat, reflektiert der Reifgewordene und bekommt, traumhaft, den verschollenen Bruder zu Gesicht, meint nun den „Ort, wo sich der Bruder, der fahnenflüchtige, geborgen hielt“, gefunden zu haben. „Ich sah mich an einem Ziel. Nicht den Bruder zu finden, hatte ich doch im Sinn gehabt, sondern von ihm zu erzählen.“ Und „am Ende dieser Erzählung nun in der Mitte meines Lebens“, schließt Handke mit einer ebenso knappen wie großartigen Apotheose der Geistesform „Erzählung“. Denn: „Es lebe die Erzählung. Die Erzählung muß weitergehen.“

Der literarische Revolutionär Peter Handke ist zum Evolutionär geworden.

DIE WIEDERHOLUNG. Von Peter Handke. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1986.334 Seiten, Ln., öS 265,20.

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