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Europalia-Start

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(Opernhaus Brüssel, im Rahmen der Europalia; „Don Giovanni“ von W. A. Mozart) Österreich hätte sich zur Eröffnung seiner Super-Revue Europalia wohl keine interessantere Gala wünschen können als diese „Don Giovanni“-Produktion Karl-Ernst Herrmanns. Sie stellt alle „Don Giovannis“, die zur Zeit auf europäischen Bühnen zu sehen sind, in den Schatten und ist ein szenisch-optisches Gesamtkunstwerk, das mit sparsamen Mitteln auskommt.

Hinter einem eleganten Säulenportal befindet sich ein Saal mit schwarzen Seidenvorhängen, die fallweise gerafft werden und den Blick auf eine Straße Sevillas, in eine romantische Landschaft und auf den Friedhof freigeben. Aber welche Auseinandersetzungen, Kraftproben, welch Schmerz und seelisches Elend der geschändeten Frauen, welche zynische Brutalität und gewissenlose Nonchalance Don Giovannis sich hier abspielen, habe ich bisher nur in wenigen Regiearbeiten erlebt.

Da wird minuziös eine Musiktheatervision verwirklicht, ein Mozart-Konzept entwickelt, wie ich in Europa kein zweites kenne. Und die Besetzung entspricht genau diesen analytischen Bildern: Jose van Dam beispielsweise, den smarten Elegant Don Giovanni, habe ich noch nie — am allerwenigsten bei Karajan — so schlüssig geführt erlebt, so haarscharf einen Charakter spielen gesehen.

Rundum agiert ein junges Sängerteam mit psychologischer Genauigkeit, als ob man sich in einem „Seziersaal der Gefühle“ befände. Sylvain Cambreling, der Musikchef des Brüsseler Theätre de la Monnaie, stand am Pult. Ein quicklebendiger junger Mozart-Interpret, der für den Charme wie für die Abgründe des Werks Fingerspitzengefühl beweist. Man wird ihn sich gut merken müssen.

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