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Don Giovanni — Dramma giocoso

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Mit den Wiener „Don-Giovanni“-Inszenierungen nach 1945 waren wir nicht sehr glücklich. Weder die starre Einheitsbühne von Schuh und Neher noch die manierierten Dekorationen von Teo Otto für die Schuh-Karajan-Produktion konnten befriedigen. Otto Schenk hat sich für seine Neuinszenierung Luciano Damiani, den renommierten Mitarbeiter Georgio Strehlers, geholt, der eine der schönsten Ausstattungen der letzten Jahre für die Salzburger Festspiele schuf: die für Mozarts „Entführung“.

Die Ausstattung des neuen „Don Giovanni“ der Wiener Staatsoper ist von aparter Schönheit. Die stark verkleinerte Bühne — der des Seicento angenähert und vom modischen Neobarock der zweiten Nachkriegszeit weit abgerückt — ist nur sehr sparsam möbliert. „Dekorationen bereiten mir Unbehagen“, pflegt Damiani zu sagen. Natürlich kommt er nicht ganz „ohne“ aus, aber sie sind jeweils an den Rändern und im Hintergrund placiert, wo sie gedreht, verschoben und in die Höhe gehoben werden können. Was man an Bauten und Requisiten zu sehen bekommt, hält sich also hübsch im Hintergrund und erfreut durch einfach-schöne Formen sowie durch überaus geschmackvolle, zartgedeckte Farben.

Zum erstenmal konnte man auf einer Wiener Opernbühne Damianis verteiltes, quasi „objektives“ Licht sowie den aus Salzburg bekannten Effekt bewundern, daß, wenn sich die Personen der Rampe nähern, nur noch ihre Silhouetten sichtbar sind. — Der Saal in Don Giovannis Schloß war etwas spärlich geraten, und die Höllenfahrt des Verführers fiel recht sehr aus dem Stilrahmen des übrigen. Erstaunlich, daß keiner von beiden, weder der Regisseur noch sein Bühnenbildner, diesen offensichtlichen Lapsus rechtzeitig bemerkten...

Im Sinn des Gesamtkonzepts, das „Dramma giocoso“ heißt, erscheint Mozarts Don Giovanni, wie Cesare Siepi ihn spielt, weder als Dämon noch als Bösewicht, sondern eher als vitaler Hallodri, dem in der Gestalt des Komturs das „Statuarische“ entgegentritt beziehungsweise gegenübersteht. Otto Schenk sorgte für flotte Aktion, betreute die Hauptdarsteller und den Chor aufs sorgfältigste, konnte sich freilich kleine realistische Gags nicht entgehen lassen und scheiterte (wie so mancher seiner großen Vorgänger) am letzten Auftritt des Komturs und an Don Giovannis Höllenfahrt, während die Friedhofszene befriedigend gelöst war.

Im Rahmen dieses kurzen Referats und im Hinblick auf die Wichtigkeit der szenischen Realisierung kann der musikalischen Ausführung nur ein kurzes, jedoch vorbehaltloses Pauschallob gezollt werden. Cesare Siepi — Don Giovanni, Gundula Janowitz — Donna Anna, Sena Jurinac — Donna Elvira, Graziella Sciutti — Zerline sowie Peter Schreier — Don Octavio, Erich Kunz — Leporello, Heinz Holecek — Masetto und Franz Crass — Komtur: eine solche Besetzung und ein solches Musizieren wie unter Josef Krips (der seinen ersten „Don Giovanni“ übrigens vor genau 45 Jahren in Linz dirigiert hat) ist — das darf ohne Lokalpatriotismus gesagt werden — gegenwärtig wohl an keinem anderen Opernhaus zu erleben. Trotzdem versuchte eine Gruppe jugendlicher Galerie- und Stehplatzbesucher die Aufführung zu stören. Hierüber Näheres in einem unserer „Querschnitte“.

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