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Gespräch mit einem Rebellen

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Die Kongorepublik erfaßt in ihrem riesigen Staatsgebiet Volksgruppen höchster Primitivität. Weit bekannt sind die zentralafrikanischen Pygmäen, die vielleicht die einfachste Lebensform unter allen Völkern führen. Tatsächlich ist ihr kulturelles Rüstzeug so bescheiden, daß bis heute kein Christentum unter diesem nomadisierenden Urwaldvölkchen Wurzel fassen konnte. Die Belgier hatten in ihrer Kolonialzeit die Pygmäen in der „goldenen Freiheit“ ihres Waldlebens gelassen. Mit der Unabhängigkeit des Kongo aber begann die Freiheit der Pygmäen jährlich schmäler zu werden. Soweit der Verwaltungsapparat des Staates reicht, werden sie in die Bürgerpflichten miteinbezogen. Wie mancher andere Buschbewohner Zentralafrikas, kann auch der Waldzwerg den Sinn und Zweck eines Steuersystems nicht durchschauen und fühlt sich durch derartige Verwaltungsmaßnahmen mißhandelt und unterdrückt. Anfang dieses Jahres haben nun auch die Pygmäen ihrerseits die Unabhängigkeit gefordert und beauftragten einen durchreisenden Journalisten, ihre Bitte den

Autoritäten vorzulegen. Sie begründeten ihr Verlangen mit dem Hinweis, daß die Kongolesen die Unabhängigkeit schon lange bekommen hätten, sie aber den Pygmäen nicht geben wollten.

Der Traum vom Paradies

Die phantastischen Vorstellungen von einer paradiesischen Unabhängigkeit, in der es keinerlei Verpflichtung oder Zwang mehr gebe, keine Polizei und keine Behörden, keine Unterschiede in den sozialen Schichten von Beamten, Lehrern und einfachen Dorfbewohnern, beschäftigen unzählige der einfältigen Savannenbewohner, und ihre Träume von Freiheit, Geruhsamkeit und Wohlergehen sind endlos wie die unüberschaubaren Ebenen der tropischen Graslandschaften. Keine dieser sehnsüchtigen Erwartungen ist bis heute Wirklichkeit geworden, und die Zahl derer, die von der Enttäuschung in die Verbitterung verfielen, ist mächtig angewachsen. Unter diesen „frustrierten“ Volksschichten haben manche Aufwiegler ihren Anhang gefunden, andere hören auf keine Wohlstandsprediger mehr.

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