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Kein so scharfes Instrument in unredliche Hände!

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DIKFURCIIK: Ihre Meinung zum „großen Lauschangriff”? MlCHAKL GRAFT': Grundsätzlich soll die Polizei modernste Ermittlungsmethoden nach dem Stand der Technik erhalten. Ich habe aber die traurige Erfahrung gemacht, daß die derzeit im Innenressort organisierten Polizeieinheiten nicht die notwendige Gesetzestreue, Disziplin und Grundrechtsverbundenheit aufbringen, daß man ihnen ein so scharfes Instrument in die Hand geben dürfte. Mit den jetzt bestehenden Möglichkeiten der Telefonüberwachung wird massiver Mißbrauch getrieben. Telefonprotokolle werden gezielt und selektiv an Medien oder bestimmte Politiker weitergegeben, die dann damit zum Nachteil der Betroffenen Unfug treiben.

DIKFURCHE: Das Justizministerium bemüht sich doch um eine rechtsstaatliche Regelung. GRAFF: Die Diskussion wird derzeit über das falsche Thema geführt. Es kommt nicht darauf an, ob ein Riehter, drei Richter oder der Justizminister dem Abhören zustimmen müssen.

Jeder Richter wird zustimmen, wenn er hört, daß an einem bestimmten Tag in einem bestimmten Raum die örtliche Mafia ein Treffen abhält. Das Problem ist, wenn statt der Mafia der Sparverein abgehört wird und ein paar Tage später Gesprächsinhalte aus der Sitzung in der Zeitung stehen.

DIEFURCHE: Gibt es eine Lösung? graff: Den Lauschangriff nicht einführen, solange zentrale Polizeieinheiten im Innenministerium keine Gewähr bieten, daß Mißbräuche unterbleiben.

DIEFURCHE: Bedeutet das auch: keine Rasterfahndung?

GRAFF: Da wäre ich nicht so restriktiv. Ich finde es nur natürlich, wenn die Polizei alle relevanten Daten einer Straftat durch verschiedene Computer jagt.

Am Ende bleibt ein Kreis von Verdächtigen, der dann ohnehin nach den kriminaltechnischen Methoden überprüft werden muß. Das muß ein Unschuldiger, der zufällig am Tatort war, auch über sich ergehen lassen. Die psychologische Beeinflussung durch gezielte Veröffentlichungen aus Telefonprotokollen stört mich weit mehr wegen der Gefahr der medialen Vorverurteilung.

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