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Mit diesem Haider nicht

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Die repräsentative Demokratie ist überholt.“ Dieser ungeheure Satz des FPÖ-Bun- desparteiobmanns Jörg Haider müßte für alle Demokraten zu einem entscheidenden Kriterium der Stimmabgabe am 9. Oktober werden.

Vorauszuschicken ist, daß Haider bei den diversen Runden Tischen im Fernsehen um gute Figur, ordentliche Manieren und um eine kreideweiche Sprache bemüht war.

Er sagte auch wieder einmal vieles, was richtig und kritikwürdig ist, und die Mächtigen in der ersten Regierungspartei haben es sich selbst zuzuschreiben, wenn die Unbelehrbarkeit einiger Amtsträger sie verwundbar macht. Skandalgehälter, -pensionen und Abfertigungen verdienen keine Beschönigung.

Dennoch wird Jörg Haider an seinen zentralen Aussagen und nicht an berechtigter Kritik zu messen sein.

Der eingangs zitierte Satz aus seinem Streitgespräch mit der Li- beralen-Obfrau ist bereits eine von ihm selbst zurechtgerückte Formulierung: Nicht „abschaffen“, sondern „weiterentwickeln“ wolle er die repräsentative Demokratie, beteuerte er.

Repräsentative Demokratie: Das sind Parlament und Parteien. Wer diese als „überholt“ bezeichnet, will Demokratie beseitigen, auch wenn er es bestreitet. Genau in dieser Diktion („überholter Parteienstaat“, „Interessen-“ und „Cliquenfilz“, „Systemparteien, die nicht mehr das Volk vertreten“) hat der Nationalsozialismus seine Kampagnen geführt.

Haider wehrt sich gegen die Unterstellung, ein neuer Nazi zu sein. Aber dann muß er auch eine Sprache meiden, die an jene unseligen Zeiten erinnert, als der Marsch der deutschen Politik ins Elend und Verbrechen begann.

Gegen ein Überwuchern des Parteieneinflusses sind vernünftige Demokraten aller politischen Lager. Deswegen muß man noch nicht die Parteien abschaffen oder sie zu einer „Volksbewegung“ (auch ein Nazi-Terminus) „weiterentwickeln“.

Dieser Jörg Haider des Jahres 1994 ist zu einem Gespenst der Geschichte geworden: ungeeignet für eine Regierungs- und ungeeignet auch für eine Wählerkoalition.

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